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Bundestag: Große Anfrage zu Gemeinnützigkeit und politischer Willensbildung

Mit einer Großen Anfrage greift die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen unser Anliegen auf, Rechtssicherheit zu schaffen für gemeinnützige Organisationen, die sich selbstlos und zur Förderung der Allgemeinheit auch an der politischen Willens­bildung beteiligen. Im umfangreichen Fragenkatalog thematisieren die Grünen die Un­möglichkeit, gemeinnützige und politische Zwecke zu unterscheiden. Sie nehmen in den Fokus die Steuerbegünstigung für andere politische Akteure, die weder Parteien noch gemeinnützig sind. Dabei thematisieren sie auch die Intransparenz unter ande­ren von Mittelherkunft und -verwendung und fragen, ob Vereine wie Attac diskriminiert werden.

Die Anfrage zu „möglichen Gefährdungen des gleichberechtigten Einflusses aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auf die politische Willensbildung und zu weiteren Punkten des Gemeinnützigkeits- und Vereinsrechts“ wird in diesen Tagen an die Bun­desregierung weitergeleitet, eine Vorabfassung ist hier verfügbar.
Aktualisierung 17. Mai 2016: Die Große Anfrage ist als Drucksache 18/8331 erfasst.

Durch die Anfrage muss sich die Bundesregierung zu zahlreichen Einzelfragen wie auch zur großen Linie positionieren. Ebenso müssen sich alle Bundestagsfraktionen positionieren, denn Anfrage und Antworten werden im Plenum debattiert.

Die Grünen haben das Problem des Gemeinnützigkeitsrechts in ihrer Anfrage gut er­fasst, nämlich dass sich gemeinnützige und politische Zwecke nicht unterscheiden las­sen, während jedoch die Normen und insbesondere die Praxis der Finanzverwaltung diese künstliche Trennung atmet. Dadurch werden Zusammenschlüsse von Bürgerin­nen und Bürgern diskriminiert, die jenseits von Parteien selbstlos zu einer besseren Welt beitragen wollen und dazu auch auf politische Entscheidungen einwirken. Die steu­erpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion, Lisa Paus, fasst dazu gegen­über der Süddeutschen Zeitung (26. April 2016: „Attacs Achillesferse“) gut zusammen: „Die Idee, dass gemeinnützige Orga­nisationen nicht politisch agieren dürfen, scheint mir überholt.“ Politische Meinungsbil­dung sei für die Grünen inzwischen nicht nur Sache der Parteien, sondern könne auch von Organisationen, Vereinen und NGOs geleistet werden.

Die Grünen ordnen diese Diskriminierung gemeinnütziger Organisationen in einen grö­ßeren Zusammenhang ein und zeigen mit ihren Fragen auf, dass andere politische Einmischung durchaus steuerlich begünstigt ist und dass es in großen Teilen dieser politischen Beeinflussung keine Transparenz und öffentliche Kontrolle über Herkunft und Verwendung von Geldern gibt. Die Grünen fokussieren auf diese Intransparenz, da sie den Eindruck gewonnen ha­ben, dass politische Entscheidungen mittlerweile auch durch große Öffentlichkeits-Kampagnen beeinflusst werden, ohne dass deren Absender oder dahinter stehende ei­gennützige Interessen immer offensichtlich sind.

Vor diesem Hintergrund stellen sie die Frage, ob dadurch der Einfluss der Bürgerinnen und Bürger sehr verschieden groß ist, abhängig von der eigenen finanziellen Leis­tungsfähigkeit, und ob dieser Unterschied durch steuerliche Regelungen nicht noch gefördert wird.

In Frage 11 der Großen Anfrage wird die Bundesregierung direkt nach ihrer Einschät­zung der Forderungen der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ ge­fragt. Die Stoßrichtung der Grünen gegenüber gemeinnützigen politischem Engage­ment wird auch in diesen beiden Fragen sehr deutlich:

  • „Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zur Einschätzung, dass das politische und gesellschaftliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger in Par­teien, aber auch in anderen Organisationen wie gemeinnützigen Vereinen statt­findet, und dass dieses Engagement der Gesellschaft dient und daher förde­rungswürdig ist?“ (Frage 4b)
  • „Hält die Bundesregierung eine Trennung zwischen gemeinnützigen und politi­schen Zwecken für möglich und angemessen?“ (Frage 12b)

Damit erklären die Grünen richtig, dass es keinen zusätzlichen Non-Profit-Status ne­ben der Gemeinnützigkeit braucht, sondern eine demokratische orientierte Anwen­dung des Gemeinnützigkeitsrechts. Ein Non-Profit-Status jenseits der Gemeinnützig­keit wird lediglich quasi als Kompromisslösung abgefragt, („falls die Bundesregierung die Auffassung vertritt, dass sich gemeinnützige und politische Zwecke unterscheiden ließen“, Frage 34) sowie für Initiativen, die von Amtsgerichten trotz fehlender Gewinn­erzielungsabsicht als wirtschaftlich eingestuft werden und so nicht als Verein eingetra­gen werden (Kita-Vereine, Fragen 31 bis 33).

In den Fragen 5 bis 8 thematisiert die Anfrage die unterschiedliche Behandlung ähnli­cher gemeinnütziger Organisationen durch Finanzämter. Aus unserer Sicht geht es darum, dass der Entscheidungsspielraum zu groß ist, da die Regeln unklar sind und zudem im Widerspruch zum gesellschaftlichen Konsens stehen.