Über die Aufnahme weiterer gemeinnütziger Zwecke „findet derzeit ein Meinungsaustausch innerhalb der Bundesregierung statt, der bisher nicht abgeschlossen ist“ und verfassungsrechtlich ist es nicht verboten, politische Tätigkeiten als gemeinnützig zu definieren – das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Bundestagsfraktion die Grünen zu „möglichen Gefährdungen des gleichberechtigten Einflusses aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auf die politische Willensbildung und zu weiteren Punkten des Gemeinnützigkeits- und Vereinsrechts“. Die Grünen thematisierten darin die Probleme, die gemeinnützige Organisationen haben, die auf die Gesellschaft einwirken. (Mehr zu den Fragen hier.)
In großen Teilen ihrer Antwort bleibt die Regierung vage oder erklärt sich für nicht zuständig. Doch in den Antworten auf die 34 Fragen verstecken sich einige Hinweise. Dazu gehört, dass die Bundesregierung Notwendigkeiten aus Sicht der Verwaltung bewertet und dabei erklärt, dass es Gestaltungsspielraum gibt. Die Initiative dazu müsse aus dem Parlament kommen. Die Regierung spielt den Ball also ins politische Feld, wo er hin gehört, raus aus juristischen Strafräumen. Denn bei der Förderung gemeinnütziger Zwecke geht es um Wertentscheidungen.
Die Regierung schreibt unter anderen:
- Über die Aufnahme weiterer gemeinnütziger Zwecke „findet derzeit ein Meinungsaustausch innerhalb der Bundesregierung statt, der bisher nicht abgeschlossen ist.“ (Antwort auf Frage 14)
- Die Bundesregierung hält es verfassungsrechtlich weder für geboten noch für verboten, „Tätigkeiten im politischen Bereich als gemeinnützig zu definieren“. (Antwort auf Frage 12a) Eine solche Definition führe „zu einem grundlegend anderen Verständnis von ‚Gemeinnützigkeit‘ und damit zu weitreichenden gesetzlichen Änderungen“ (Antwort auf Frage 15).
- Die Bundesregierung erkennt an, dass auch politisches Engagement bürgerschaftliches Engagement ist, indem sie bezüglich kommunaler Wählergemeinschaften den Begriff „Vereinigungen des bürgerschaftlichen Engagements“ einführt. (Antwort auf Frage 28b)
- Die Bundesregierung äußert sich zu einer Reihe gemeinnütziger Zwecke und nennt Tätigkeiten, die diesen Zwecken zuzuordnen seien und die daher nicht als neue Zwecke ins Gesetz geschrieben werden müssten.
Gemeinnützige Tätigkeiten: Menschenrechte, Rechte Homosexueller, Anti-Diskriminierung
Die Bundesregierung meint, dass viele Tätigkeiten, deren Anerkennung als gemeinnützig wir fordern, bestehenden gemeinnützigen Zwecken zuzuordnen seien.
Engagement gegen Diskriminierung, Gewalt und andere verfassungswidrige Bestrebungen (Antwort auf Frage 14)
Den Zweck „Förderung des demokratischen Staatswesens“ interpretiert die Bundesregierung neu sehr umfassend: „Organisationen, die sich gegen Diskriminierungen, Gewalt und andere verfassungswidrige Bestrebungen stark machen, können bereits jetzt für die Förderung der rechtsstaatlichen Demokratie als gemeinnützig anerkannt werden.“ Antwort auf Frage 14)
„Menschenrechte“, „Frieden“, Förderung des europäischen Gedankens / der europäischen Demokratie“ / der europäischen Integration“ (Antwort auf Frage 12d)
„Die … benannten Tätigkeiten (können) zwanglos unter die dort genannten gemeinnützigen Zwecke, wie die „Förderung internationaler Gesinnung“, der „Toleranz auf allen Gebieten“ der „Kultur“ und des „Völkerverständigungsgedankens“ subsumiert werden“.
Einsatz für die Gleichberechtigung Trans- und Intersexueller, gegen Diskriminierungen, Gewalt und andere verfassungswidrige Bestrebungen (Antwort auf Frage 14)
„…können bereits jetzt für die Förderung der rechtsstaatlichen Demokratie als gemeinnützig anerkannt werden“. Gemeint ist offenbar der Zweck „Förderung des demokratischen Staatswesens“. Das ist eine neue, sehr weite Interpretation.
Lebensgemeinschaften und Nicht-Ehen -> Förderung des Schutzes von Ehe und Familie (Antwort auf Frage 13)
Der verfassungsrechtliche Schutz für die Familie als umfassende Gemeinschaft von Eltern und Kindern, in der den Eltern vor allem Recht und Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder erwachsen, erfasst auch die aus gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern und einem Kind bestehende Gemeinschaft, sofern diese dauerhaft angelegt ist und als umfassende Gemeinschaft gelebt wird.
Aktivitäten rund um den Themenbereich „eingetragene Lebenspartnerschaft“ können im Übrigen bereits jetzt über eine Vielzahl der in § 52 Absatz 2 AO bzw. § 53 AO geregelten Zwecke als „gemeinnützig“ organisiert werden.
(Antwort auf Frage 13, dort Bezug auf Antwort auf hier zitierte Kleine Anfrage vom 10. Juni 2014, DS 18/1683)
Mehr Geld für den Staat: Nicht gemeinnützig
Das Engagement für eine höhere oder niedrigere Steuerbelastung (hier negativ formuliert, positiv: für mehr Einnahmen und damit Gestaltungsmöglichkeiten des Bundes bzw. für eine Beschneidung politischer Gestaltung) seien „kein gemeinnütziger Zweck“. (Antwort auf Fragen 6 und 7)