Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.
- Bundesrat schlägt bei TOP 33 Änderungen Gemeinnützigkeitsrecht vor
- Engagement für Klimaschutz gefährdet die Gemeinnützigkeit, Mittelweitergabe nicht
- Eigene Aktivitäten müssen genauso erlaubt sein wie die Weitergabe von Geld
Der Bundesrat wird heute als Punkt 33 seiner Tagesordnung umfangreiche Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht anregen. Dazu gehören Freifunk als neuer gemeinnütziger Zweck sowie deutlich einfachere Möglichkeiten für gemeinnützige Vereine, Geld an andere gemeinnützige Organisationen weiterzugeben. Auch nach der vorgeschlagenen Änderung von Paragraph 58 der Abgabenordnung (Mittelweitergabe) würden Vereine ihre Gemeinnützigkeit riskieren, wenn sie sich selbst für Klimaschutz engagieren, ohne dass dieser Zweck in ihrer Satzung steht. Doch Geld an einen Umweltschutz-Verein für dessen Engagement weiterzugeben, wäre erlaubt. „Das ist widersprüchlich und verwirrend“, erklärt dazu Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 130 Vereinen und Stiftungen.
„Die vorgeschlagene Vereinfachung ist sinnvoll, aber greift zu kurz. Das Recht der Gemeinnützigkeit braucht eine Demokratieklausel, die es erlaubt, in begrenztem Umfang auch über den eigenen Satzungszweck hinaus andere gemeinnützige Zwecke zu fördern. Das schafft Rechtssicherheit für Engagement“, fordert Stefan Diefenbach-Trommer. „Und es braucht dazu weitere gemeinnützige Zwecke wie die Förderung der Menschenrechte.“
Schon jetzt könnten ein Gesangsverein oder eine Pfadfindergruppe Geld an einen Umweltschutzverein weitergeben, damit der eine Klimaschutz-Demo organisiert. Das würde mit dem Vorschlag des Bundesrats zu Paragraph 58 der Abgabenordnung (Seite 106 der Vorlage) noch einfacher und unbürokratischer. Doch auch weiterhin würden Gesangs- und Pfadfinderverein ihre Gemeinnützigkeit riskieren, wenn sie selbst Geld für den Klimaschutz ausgeben. Das folgt aus dem Gebot der Ausschließlichkeit in der Abgabenordnung (Paragraph 55 und 56). Demnach dürfen gemeinnützige Organisationen nur für ihre eigenen Satzungszwecke tätig werden.
Folgt der Bundestag der Stellungnahme des Bundesrats, würde Paragraph 58 der Abgabenordnung so geändert, dass gemeinnützige Organisationen problemlos Geld an andere gemeinnützige Organisationen weitergeben können, auch über ihren eigenen Zweck hinaus.
„Wenn sich heute ein Verein gegen Rassismus oder für Klimaschutz engagiert, riskiert er seine Gemeinnützigkeit. Dabei würdigen und fordern Politiker fast aller Couleur dieses Engagement. Bundestag und Bundesrat müssen klar und deutlich in die Abgabenordnung Gesetz schreiben, was sie für förderwürdig halten“, fordert Stefan Diefenbach-Trommer. Die Ungeduld der Länder zu Reformen des Gemeinnützigkeitsrechts sei verständlich, doch fehlen dringend weitere Änderungen, etwa die Förderung von Menschenrechten, Frieden und Sozialer Gerechtigkeit als gemeinnützige Zwecke, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer.
In seiner Stellungnahme erinnert der Bundesrat daran, „dass derzeit weitere Reformideen der Länder aus dem Bereich des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts geprüft werden. Er bittet daher die Bundesregierung, alle konsensualen Maßnahmen im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen.“
Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen fühlt sich durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht bedroht. Mittlerweile mehr als 130 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung etwa für Grundrechte und gemeinnützige Zwecke abzusichern.
Weitere Infos: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de
Hintergrund zur Bundesrats-Vorlage
Der Bundesrat wird heute bei Tagesordnungspunkt 33 über seine Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften abstimmen, voraussichtlich ohne Aussprache. Die Stellungnahme (Drucksache 356/1/19) wurde zuvor bereits im Finanzausschuss des Bundesrats beschlossen.
Darin zu Gemeinnützigkeit: Seite 20 und 21 (Ehrenamtspauschale), ab Seite 102 (Abgabenordnung § 52 ff) und ab Seite 88 (Umsatzsteuergesetz und Bildungsangebote).