Erste Schritte zu mehr Rechtssicherheit
- Dies ist die ursprüngliche Fassung vom Juni 2015.
- Die aktualisierte Fassung befindet sich hier.
Die in der Allianz zusammengeschlossenen Organisationen verfolgen langfristig das Ziel eines modernen Gemeinnützigkeitsrechts. Dazu beteiligen sich die Mitglieder der Allianz an einer umfassenden Debatte über Ziele und Regelungen. Ihr erstes Ziel ist es aber, den unhaltbaren Zustand der Rechtsunsicherheit im bestehenden Rechtsrahmen abzuwenden. Dazu werden konkret die folgenden Schritte vorgeschlagen:
Die Abgabenordnung (AO) muss so geändert werden, dass die politische Willensbildung durch zivilgesellschaftliche Organisationen den angemessenen Rechtsrahmen erhält und alle entsprechenden Ziele als gemeinnützig anerkannt werden.
Dazu muss § 52 (Gemeinnützige Zwecke) der AO an mehreren Stellen geändert werden:
- In Satz 1 ist die Formulierung „Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern“ durch den Zusatz „oder demokratischem“ zu ergänzen.
- Die Liste in Absatz 2 ist durch folgende Themen zu erweitern: Förderung der Wahrnehmung und Verwirklichung von Grundrechten, Frieden, soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, informationelle Selbstbestimmung, Menschenrechte und Gleichstellung der Geschlechter.
- Das in Aufzählungsnr. 24 genannte Verbot, kommunalpolitische Ziele zu verfolgen, soll ersatzlos gestrichen werden.
- Der ebenda enthaltene Zusatz „im Geltungsbereich dieses Gesetzes“ soll ersatzlos gestrichen werden. Er behindert grenzübergreifendes Engagement.
In § 58 (steuerlich unschädliche Betätigungen) der AO ist aufzunehmen, dass die Beteiligung an der politischen Willensbildung unschädlich für die Gemeinnützigkeit ist.
Einige erst in den vergangenen Jahren in den § 51 (Allgemeines) der AO eingefügte Bestimmungen sind wieder zu streichen:
- Die in Abs. 2 gemachte Beschränkung, dass eine Tätigkeit im Ausland nur dann gemeinnützig ist, wenn die geförderten Personen ihren Wohnsitz in Deutschland haben oder wenn zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beigetragen wird.
- Der in Abs. 3 eingeführte Passus: „Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllt sind.“
Die Änderung der AO erfordert ein Gesetzgebungsverfahren. Ein erster hilfreicher Schritt könnte aber bereits vorher durch den Bundesminister der Finanzen getan werden. Er kann mit einem „Federstrich“ die Rechtssicherheit für zivilgesellschaftliche Organisationen deutlich erhöhen, indem er den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) von den Beschränkungen zur Beeinflussung der staatlichen Willensbildung befreit: Der AEAO zu § 52 AO, Randnr. 16 könnte neu lauten, dass „eine politische Tätigkeit danach unschädlich für die Gemeinnützigkeit ist, wenn eine gemeinnützige Tätigkeit nach den Verhältnissen im Einzelfall zwangsläufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des gemeinnützigen Zwecks weit in den Hintergrund tritt.“