Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.
- Bundestag bewegt Gemeinnützigkeit mit kleinen Schritten Richtung 21. Jahrhundert
- Neue Zwecke erweitern Handlungsspielraum
- Unsicherheit zu politischen Tätigkeiten bleibt bestehen
Der Bundestag wird heute Abend (Mittwoch, 17:50 Uhr) mit dem Jahressteuergesetz zahlreiche Änderungen am Gemeinnützigkeitsrecht verabschieden, auf die sich die Koalitionsfraktionen geeinigt hatten. (Einen Überblick der Änderungen finden Sie hier.) Zur Gesetzesänderung erklärt von Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Vereinen und Stiftungen:
„Mit kleinen Schritten bewegt der Bundestag das Gemeinnützigkeitsrecht Richtung 21. Jahrhundert. Die neuen gemeinnützigen Zwecke gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Identität, wegen rassistischer Verfolgung sowie der Förderung des Klimaschutzes erweitern den Handlungsspielraum zivilgesellschaftlicher Organisationen. Mit gemeinnützigen Zwecken werden nicht Ziele vorgegeben, sondern Handlungs- und Debattenräume eröffnet. Die politische Beteiligung gehört zum modernen Verständnis von Zivilgesellschaft, in dem nicht-staatliche und nicht-kommerzielle Akteure in der Funktion als Wächter von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit, als Anwälte für Themen auftreten.
Dieses moderne Verständnis von Zivilgesellschaft ist auch eine Lehre der Umbrüche in Osteuropa, inklusive der ehemaligen DDR. Diese politische Zivilgesellschaft ist es, die Demokratie in Belarus, Ägypten, Ungarn, Tunesien oder Venezuela einfordert und voran treibt. Dieses Engagement braucht natürlich auch Deutschland.
Zum modernen Verständnis gehört, dass gemeinnützige Zwecke selbstverständlich mit politischen Mitteln verfolgt werden können, etwa mit Demonstrationen und mit Forderungen an die Politik. Solche Mittel machen keinen Verein zu einer Partei, so lange er nicht zu einer Wahl antritt. Im Gegenteil wird mit Appellen an Parteien und Parlamente deren Rolle anerkannt.
Leider waren CDU und CSU nicht bereit, dazu Klarstellungen ins Gesetz zu schreiben. Sie begründen dies damit, dass diese Tätigkeiten erlaubt sind. Viele Finanzbeamt*innen und Vereine wären für eine gesetzliche Klarstellung dankbar gewesen, weil ihnen klare Leitlinien zur Rechtssicherheit fehlen. Die meisten Vereine werden ehrenamtlich von Laien betrieben und gegründet, die sich nicht in lange Auseinandersetzungen um Satzungsdetails verstricken können. Die Union steht nun in der Verantwortung, für Klarheit zu sorgen, etwa durch Erlasse und Anweisungen der Landesfinanzministerien – damit der Handlungsspielraum für zivilgesellschaftliches Handeln in Deutschland nicht beschränkt, sondern erweitert wird.
Ein Zeichen für die langsame Bewegung des Gemeinnützigkeitsrechts ins Heute ist auch die Anerkennung von Freifunk als gemeinnütziger Zweck.“
Weitere Infos: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de