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Kein gemeinütziger Verein: Bündnis Sahra Wagenknecht

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass ein Verein stets gemeinnützig und steuerbegünstigt sei. Das Gemeinnützigkeitsrecht ist zwar das prägende Recht zivilgesellschaftlicher Organisationen, aber keine rechtliche Notwendigkeit. In Deutschland gibt es für Vereine weder eine Genehmigungs- noch eine Registrierungspflicht. Die meisten, aber nicht jeder Verein sind „eingetragene Vereine“ (e.V.), beim Amtsgericht registriert. Die Basis in Deutschland ist das Grundgesetz mit seiner Vereinigungsfreiheit in Artikel 9.

Der Verein „BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit e.V.“ ist nach eigener Auskunft nicht gemeinnützig und strebt das offenbar auch nicht an. Stattdessen unterwirft er sich freiwillig (ohne dies zu erläutern) den Spendenregeln der Parteien (Offenlegung ab 10.000 Euro, Annahmeverbote, § 25 Parteiengesetz).

Dieses Vorgehen ist logisch und vielleicht auch eine Lehre aus dem Aufstehen-Verein, den Wagenknecht und Genossinnen gegründet hatten. Denn ein gemeinnütziger Verein darf niemals Geld an eine Partei geben.
Zweck des BSW-Vereins ist aber offenbar, eine künftige Partei zu fördern und für diese Geld zu sammeln. (Der Vereinszweck ist zwar offensichtlich, aber nicht nachlesbar – der BSW-Verein hat seine Satzung bisher (25.10.2023)  nicht veröffentlicht und im Vereinsregister ist sie nicht online abrufbar.)
(Aktualisierung: Am 31.10. ist eine Satzung veröffentlicht.)

Würde der Verein nicht jetzt schon die Parteispenden-Regeln anwenden, könnte er das Geld nicht ohne Weiteres an die spätere Partei weitergeben, weil so die tatsächliche Herkunft der Spenden verschleiert würde. Wenn die Partei gegründet ist, wird der Verein wohl nicht nur Geld, sondern auch Daten weitergeben – denn steuerlich ist das Spenden an eine Partei attraktiver als an einen Verein (zumindest für Normal-Spenden):
Ledige erhalten bei Partei-Spenden bis 825 Euro 50 Prozent davon über die Steuererklärung zurück – ein Anteil, der bei gemeinnützigen Spenden nie erreicht werden kann. Dort liegt der Steuervorteil in der Höhe des Grenzsteuersatzes, das absolute Maximum sind 45 Prozent, realistisch meist unter 30 Prozent. Die meisten Menschen spenden nicht 1.000 Euro.
Die Grenze von 825 Euro ist bei Verheirateten doppelt so hoch. Der gleiche Spendenbetrag kann zusätzlich wie gemeinnützige Spenden vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden.

Ärgerlich sind für den nicht gemeinnützigen Verein im Zweifel derzeit sehr hohe Spenden: Wenn die Spende einer Person 20.000 Euro überschreitet, wird darauf Schenkungssteuer fällig, so dass ein großer Teil der Spende gar nicht beim Verein ankommt.

2018 hatte der Aufstehen-Verein die Gemeinnützigkeit angestrebt und hatte damit (bewusst oder nicht) eine Trennlinie zu Parteien gezogen bzw. eigene Ambitionen ausgeschlossen, zu Wahlen anzutreten. (Ausführlich dazu 2018 Stefan Diefenbach-Trommer in einem Aufsatz im Forschungsjournal Soziale Bewegungen: „Über Bewegungen, Politik und das Gemeinnützigkeitsrecht“ – Kurzfassung im Newsletter des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement)

Das Gemeinnützigkeitsrecht trennt Parteien deutlich ab, ohne dabei gemeinnützigen Vereinen politische Mittel zu verbieten. Letzteres ist lediglich eine Interpretation. Die Förderung von Parteien ist verboten. Die Abgabenordnung enthält allerdings eine Regelungslücke: Beim Verbot der Mittelweiterleitung sind kommunale Wähler:innen-Gemeinschaften oder auch Einzelkandidat:innen sind bisher nicht aufgeführt.

Aktualisierung: Satzung veröffentlicht

Spätestens am 31. Oktober hatte der Verein seine Satzung veröffentlicht. Demnach ist Zweck des Vereins – nicht ganz eindeutig: „Der VErein … hat den Zweck, diesen Menschen eine Stimme zu geben und an der politischen Willensbildung in Deutschland mitzuwirken. … Der Verein … strebt nicht an, an staatlichen Wahlen mit eigenen Bewerbern teilzunehmen. Die Tätigkeit des Vereins richtet sich vielmehr auf die politische Willensbildung in der Zivilgesellschaft im außerparlamentarischen Raum. ‚BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit‘ versteht sich nicht als politische Partei. ‚BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit‘ kann aber die Tätigkeit bestehender politische Parteien oder die Gründung politischer Parteien unterstützen und durch den Einsatz auch der materiellen Mittel des Vereins fördern…“

Hier wird wohl ein politischer Zweck beschrieben – der im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) nicht definiert, aber als nicht gemeinnützig interpretiert wird.