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Civicus stuft Deutschland ab: Freiheit der Zivilgesellschaft beeinträchtigt statt offen

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Herabstufung Deutschlands im Civicus Monitor

Deutschland ist im in der Nacht zu heute (6.12.2023) veröffentlichten Civicus-Monitor abgerutscht. Civicus ist eine weltweite Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen. Der Monitor stuft den Handlungsraum zivilgesellschaftlicher Organisationen in Deutschland nun als „beeinträchtigt“ (narrowed) statt bisher „offen“ (open) ein.

Civicus begründet die Abstufung unter anderem mit einem „besorgniserregenden Rückgang des zivilgesellschaftlichen Handlungsraums, was vor allem auf die repressiven Maßnahmen der Behörden zur Einschränkung der Aktivitäten von Umweltaktivisten zurückzuführen ist“. Civicus nennt u.a. „exzessive Gewalt“ der Polizei im Januar in Lützerath sowie Hausdurchsuchungen, Vermögensbeschlagnahmungen, Sperrung der Online-Plattform und den „schweren Vorwurf“ der Bildung einer kriminellen Vereinigung im Zusammenhang mit dem gewaltfreien Protesten der Gruppe „Letzte Generation“.

Civicus unterscheidet fünf Stufen zivilgesellschaftlicher Handlungsräume: offen, beeinträchtigt, beschränkt, unterdrückt, geschlossen. Jeder dritte Mensch lebt demnach in einem Land mit geschlossenem Handlungsraum, weitere 40 Prozent in Ländern mit unterdrückter Zivilgesellschaft. Nun nur noch ein Prozent der Weltbevölkerung lebe in Ländern mit einem offenen zivilgesellschaftlichen Raum.

Erst am Freitag (1.12.2023) hatten der Green Legal Impact und drei weitere Organisationen den „Green Legal Spaces Report 2023“ zur Beschränkung der Teilhaberechte der Klimabewegung in Deutschland vorgelegt.

Der Civicus-Monitor wird regelmäßig von Brot für die Welt auf deutsch als „Atlas der Zivilgesellschaft“ aufbereitet, zuletzt für 2022.

Zuvor hatte die EU-Kommission in ihrem Rechtsstaatlichkeitsbericht Deutschland mehrfach ermahnt, das Gemeinnützigkeitsrecht als Ausdruck der Versammlungsfreiheit entsprechend europäischer Standards zu modernisieren.

Zum Downgrade Deutschlands erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von 200 Vereinen und Stiftungen:

„Das ist ein Schock: Ich lebe nicht mehr in einem Land mit einem offenen Raum für zivilgesellschaftliches Handeln. Demokratie stirbt langsam, wenn sie nicht geschützt und entwickelt wird. Die Zivilgesellschaft ist ein Bollwerk zu ihrer Verteidigung, erklärte erst gestern Bundesministerin Lisa Paus beim Deutschen Engagement-Tag. Doch die deutsche Regierung schützt den Freiraum zivilgesellschaftlichen Engagements nicht ausreichend und erkennt die Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen auch als Wächterinnen von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten nicht an. Dies drückt sich etwa im veralteten Gemeinnützigkeitsrecht aus.

Auf die mehrfachen Rügen der EU-Kommission im Rechtsstaatsbericht wegen des unzureichenden deutschen Gemeinnützigkeitsrechts hatte die Bundesregierung nicht reagiert. Die Abstufung im Civicus-Monitor sollte sie als Warnruf verstehen, Demokratiepolitik und den Freiraum der Zivilgesellschaft als ernst zu nehmen. Deutschland steht nicht mehr an der Spitze von Rechtsstaatlichkeit und Schutz der Freiheitsrechte.“

Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen fühlt sich durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht bedroht. An die 200 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung etwa für Grundrechte und gemeinnützige Zwecke abzusichern. Zu den Mitgliedern gehören neben innn.it-Verein, Attac und DemoZ unter anderem Amnesty International, Brot für die Welt, Transparency International und Campact.

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