Das Urteil des Bundesfinanzhofs zu Attac hat Auswirkungen auf tausende Vereine und Stiftungen, auf das Engagement von zigtausend Menschen darin. Deshalb sind viele Organisationen in großer Unruhe. Das Urteil beschränkt jetzt schon den zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum. In vielen Vereinsvorständen wird diskutiert, ob ein Teil des Engagements eingestellt werden sollte. Hier gibt es dazu Antworten.
Zivilgesellschaft ist gemeinnützig Beiträge
This is a translation of the German text „Auswirkungen des Attac-Urteils auf zivilgesellschaftliches Engagement“, published on 1. march 2019.
The German Federal Fiscal Court’s (BFH) judgement in the Attac case will affect thousands of associations and foundations throughout Germany, and likewise influence the involvement of the many thousands of people who belong to them. Accordingly many organizations are in great turmoil. The judgement shrinks spaces for civil society. Many association boards are now discussing whether they should discontinue some of their efforts on behalf of Attac. Media commentary on the judgement has been extensive, in keeping with its great relevance. Some commentators consider the judgement warranted and welcome the imposition of restrictions on organizations like Attac that hamper business as usual. Many others by contrast are demanding that government take action in order to broaden the scope for political action. An intermediate position is to propose creation of special rules for entities that are not parties but nonetheless participate in political discourse.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs zu Attac hat Auswirkungen auf tausende Vereine und Stiftungen, auf das Engagement von zigtausend Menschen darin. Deshalb sind viele Organisationen in großer Unruhe. Das Urteil beschränkt den zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum. In vielen Vereinsvorständen wird jetzt diskutiert, ob ein Teil des Engagements eingestellt werden sollte. Entsprechend umfangreich wird quer durch alle Zeitungen und Medien zu diesem Urteil berichtet und kommentiert. Einige Kommentare halten das Urteil für richtig und begrüßen, dass sich einmischenden Organisationen ein Riegel vorgeschoben wird. Viele andere fordern politisches Handeln, um Handlungsspielräume zu öffnen. Eine Position dazwischen ist, für sich politisch einmischende Vereine, die keine Parteien sind, besondere Regeln zu schaffen.
Civil society is charitable, pursues public benefit purposes, per se: a diverse political civil society gives our democracy life. Civil society encourages people to form opinions and stimulates debates that benefit the common good. It gives more people an opportunity to participate in social and political decision- making. It helps strengthen the rights, opinions and interests of those whose voices are too weak. Civil society constitutes a corrective to the selfish interests of lobbies and helps delay rash political decisions – public protest has often prevented mistaken decisions or improved their outcome. Democracy needs a civil society meddling in political issues.
Die Reaktion einzelner Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf das BFH-Urteil zur Gemeinnützigkeit von Attac ist erschreckend. Man mag die BFH-Entscheidung zur Klärung der Rechtslage begrüßen, doch diese Aussagen lesen sich wie eine hämische Attacke auf missliebige Organisationen. Sie gefährden damit den demokratischen Zusammenhalt.
Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur BFH-Entscheidung im Fall Attac
Zum heute vom Bundesfinanzhof bekanntgegebenen Urteil zur Gemeinnützigkeit von Attac erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen:
„Der Bundestag muss den Handlungsspielraum zivilgesellschaftlicher Organisationen sichern und zügig neue gemeinnützige Zwecke ins Gesetz schreiben. Menschen schließen sich zusammen, um sich selbstlos außerhalb von Parteien und Profitinteresse für Demokratie und Gesellschaft zu engagieren. Dieses Engagement für Umweltschutz oder Gerechtigkeit mag manchmal nerven, aber führt zu besseren Entscheidungen, weil dadurch sonst ungehörte Stimmen in die politische Willensbildung einfließen.
Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.
Ministerium setzt BFH-Urteile nur selektiv im Anwendungserlass um / Politik zu Lasten zivilgesellschaftlicher Organisationen und der öffentlichen Debatte
Das Bundesfinanzministerium hat zu Fragen der Gemeinnützigkeit den Anwendungserlass zur Abgabenordnung umfassend ergänzt (BMF-Schreiben vom 31.1.2019). Insgesamt werden dabei zivilgesellschaftliche Organisationen eher mit Detail-Regulierungen belastet als dass ihnen Klarheit und Freiräume geschaffen werden. Auffällig ist, dass das Ministerium Urteile des Bundesfinanzhofs nur selektiv umsetzt.
Dazu erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen:
„Das Bundesfinanzministerium weigert sich, gegenüber Finanzämtern und engagierten Bürgern klarzustellen, dass Vereine und Stiftungen ihre gemeinnützigen Zwecke auch mit politischen Mitteln verfolgen können.
Könnte, sollte die „Sammlungsbewegung Aufstehen“ gemeinnützig sein? Eine Partei will die Organisation nicht sein, darum kann sie nicht die Vorteile von Parteispenden genießen. Auf den Status der Gemeinnützigkeit verzichtet sie. Das ist schade, schreibt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, in einem Gastbeitrag für den Newsletter des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE), denn dieser Status markiert eine klare Grenze zu politischen Parteien. Er legt dar, warum es kein Hindernis für die Gemeinnützigkeit ist, dass „Aufstehen“ sich politisch einmischen will, Einfluss auf Parteien nehmen will und stark von Parteipolitiker*innen geprägt ist.
Die Debatte über Handlungsspielräume und Möglichkeiten zivilgesellschaftlicher Organisationen – oder deren Begrenzung – kristallisiert sich derzeit vor allem an der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Der CDU-Parteitag hat im Dezember 2018 mit drei populistischen Beschlüssen Partikular-Interessen eine Bühne gegeben. Doch die Parteispitze macht bei den unsachlichen und falschen Anwürfe gegen die DUH mit. Was zuletzt geschah: