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Zivilgesellschaft ist gemeinnützig Beiträge

Verdeckte Parteienfinanzierung braucht keine Gemeinnützigkeit

LobbyControl legt in einem Blog-Beitrag dar, wie die Partei AfD in den jüngsten Wahlkämpfe mit hohen Geldbeträgen unterstützt wurde und die Geldgeber dabei anonym bleiben konnten, obwohl das Parteiengesetz vorsieht, dass Spenden ab 10.000 Euro veröffentlicht werden. Der Trick: Es wird einfach unabhängig von der Partei, offiziell ohne deren Wissen, für ihre Wahl geworben.

Diese Darstellung zeigt, dass es Partei-Geldgebern nicht auf die steuerliche Absetzbarkeit ihrer Spende ankommt, ebenso anderen Akteuren, die mit hohen Geldbeträgen in ihrem eigenen Interesse auf politische Entscheidungen einwirken. Wieder einmal wird damit ein Argument gegen die Steuerbegünstigung selbstloser politisch tätiger Organisationen widerlegt.

Engagement für Wandel oder Wohltätigkeit – gemeinnützig ist beides

Der Furtwangener Soziologieprofessor Stefan Selke kritisiert in der Stuttgarter Zeitung vom 5. Juli 2016 die zunehmende öffentliche Engagementförderung. Durch das Fördersystem entstehe ein Druck zum Engagement, das letztlich staatliche Daseinsvorsorge ersetze. Das Engagement werde gesteuert und verfalle einer „makrtartigen Logik“. Er kritisiert insbesondere, „dass mit dem bürgerschaftlichen Engagement oftmals gesellschaftliche Verhältnisse vernachlässigt werden, die eigentlich politisch bearbeitet werden müssten.“ Die Politik suggeriere, dass sich Probleme lösen lassen, indem man sie dem lokalen Engagement von Freiwilligen anvertraut.

Bei Gemeinnützigkeit geht es um Gesellschaft, nicht um Markt

In der Wirtschaftswoche vom 11. Juli 2016 ist ein großer Artikel zu Gemeinnützigkeit erschienen, der jedoch verschiedene Aspekte vermengt. Letztlich geht es in dem Artikel darum, dass sich eigennützige und wirtschaftliche Interessen gelegentlich in der Gemeinnützigkeit verstecken. Nur ungenau unterschieden wird dabei der Fall, dass sich Menschen oder Unternehmen zum eigenen Nutzen zusammentun und dabei Vorteile der Gemeinnützigkeit nutzen, von dem Vorwurf gegen gemeinnützige Organisationen, sie wären im Wettbewerb gegenüber Profit-Unternehmen im Vorteil.

Hessischer Landtag debattiert Gemeinnützigkeit

Der hessische Landtag debattierte am 14. Juli 2016 über Gemeinnützigkeit und politische Willensbildung. Ursprünglicher Anlass war ein Antrag der SPD-Fraktion „betreffend Definition der Gemeinnützigkeit“, mit dem die SPD die Umsetzung der zwei Hauptforderungen der Allianz fordert. Einen Tag vor der Debatte brachten die Koalitionsfraktionen CDU und Grüne einen eigenen Antrag ein mit dem Titel „Ehrenamtliches Engagement fördern – Gemeinnützigkeitsrecht hinsichtlich Anpassungsnotwendigkeit aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen überprüfen“ (Drucksache 19/3360). Beide Anträge wurden in den Haushaltsausschuss verwiesen, die Debatte wird weiter gehen. Die Debatte ist auf dem YouTube-Kanal des Landtags nachzuhören. Das Protokoll wird hier zu finden sein.

Pegida gründet Partei – attraktiver als Gemeinnützigkeit

Pegida hat erneut angekündigt, zu Wahlen antreten zu wollen und eine Partei zu gründen. Der Grund ist wahrscheinlich vor allem, dass dann Spenden von der Steuer abgesetzt und sogar staatlich subventioniert werden. Der Versuch des Pegida-Vereins, als gemeinnützig anerkannt zu werden, ist offenbar gescheitert. Darum können Spenden an Pegida von den Spendern nicht abgesetzt werden.

An die Anerkennung als Partei dagegen werden viel geringere Maßstäbe angelegt. Politische Tätigkeit ist ihr Kernmerkmal, während es für Gemeinnützige strittig ist, wie politisch sie handeln dürfen.

14.7.: Gemeinnützigkeits-Debatte im Hessischen Landtag

Am morgigen Donnerstag (14. Juli) debattiert der Hessische Landtag ca. 17:30 Uhr (aktualisiert 14.7.) über die Definition der Gemeinnützigkeit und nötigen Reformbedarf. Anlass ist ein bereits zwei Monate alter Antrag der SPD-Fraktion.

Die Debatte ist recht kurzfristig in der Tagesordnung hinaufgeklettert, offenbar, weil die Regierungsparteien CDU und Grüne nun zur Debatte bereit sind, indem sie einen eigenen Antrag vorgelegt haben: „Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und Bündnis 90/Die Grünen betreffend ehrenamtliches Engagement fördern – Gemeinnützigkeitsrecht hinsichtlich Anpassungsnotwendigkeit aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen überprüfen.“

Zuletzt hatten die beiden Regierungsparteien dazu einen Berichtsantrag gestellt, auf den das Finanzministerium antwortete: Kein Änderungsbedarf.  Ob die Parteien durch die Debatte und auch die Große Anfrage der Grünen im Bundestag hinzu gelernt haben?

Strachwitz: Debatte über Gemeinnützigkeitsrecht muss geführt werden

Dr. Rupert Graf Strachwitz vom Maecenata-Institut hat sich für den Newsletter des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) mit dem Antrag der hessischen SPD zur Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts beschäftigt. (Mehr zum Antrag der SPD hier.)

Er stellt richtig fest, dass der Antrag im Hessichen Landtag nur geringe Aussichten hat, „für die Landesregierung handlungsleitend zu werden“ und kritisiert handwerkliche Mängel iwe „zum Teil nicht sonderlich sorgfältige Formulierungen“, hält jedoch fest, dass die SPD mit dem Antrag wichtige Denkanstöße gibt, denn der Antrag sei „in der Sache … ebenso richtig wie wichtig“. Das freut uns besonders, denn die SPD hat in dem Antrag die beiden Hauptforderungen der Allianz übernommen. Strachwitz fordert, den Antrag der SPD ernst zu nehmen als „Anlass für eine grundsätzliche Diskussion darüber .., was wir denn gemeinnützig nennen. Diese Debatte müssen wir nämlich dringend führen.“

Er hält es für nötig, einen sicheren Rechtsrahmen für Organisationen der Zivilgesellschaft und „ihren politischen Mitgestaltungsauftrag“ zu schaffen. Dies müsse per Gesetz geregelt werden. Strachwitz erinnert daran, dass die aktuellen Regelungen „einem modernen Verständnis von einer offenen demokratischen Gesellschaft unvereinbar“ sind. „Selbstermächtigte und -organisierte Themenanwälte und Wächter sind heute ebenso wichtig wie Dienstleister, Selbsthilfeorganisationen, Solidarität und Gemeinschaft stiftende Vereinigungen und Orte der politischen Deliberation. Dass besonders letztere denen ein Dorn im Auge sind, die um ihre Gestaltungsmacht fürchten müssen, ist nachvollziehbar, aber demokratietheoretisch dennoch nicht akzeptabel.“

Der SPD-Antrag wird nun voraussichtlich in der kommenden Woche im Hessischen Landtag in erster Lesung behandelt und dann in die Fachausschüsse zur weiteren Beratung verwiesen.

Politische und gemeinnützige Zwecke sind nicht verschieden

„Der Gesetzgeber hat … bewusst zwischen gemeinnützigen und politischen Zwecken unterschieden“, behauptet das Finanzamt Frankfurt in seinem Bescheid, mit dem es Attac die Gemeinnützigkeit aberkennt. „Wer politisch aktiv sein möchte, der wird in der bestehenden Parteienlandschaft bzw. Wählergemeinschaft sicher fündig werden“, schreibt der Bundesfinanzminister in einem Brief an die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“. Warum das so nicht stimmt, warum es im Gesetz (Abgabenordnung) keine Trennung zwischen politischen und gemeinnützigen Zwecken gibt, warum jeder gemeinnützige Zweck politisch sein kann und wie dabei Parteien von Gemeinnützigen getrennt werden, hat Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz, in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau aufgeschrieben:

Bewegung in der Politik

Gemeinnützig ist, Bäume zu pflanzen – und ebenso, gegen ihre Abholzung vorzugehen. Gemeinnützig ist, verarmten Menschen und Flüchtlingen Bildung, Essen und Obdach zu verschaffen – und ebenso, die Ursachen ihrer Ausgrenzung beseitigen zu wollen. Gemeinnützig ist, Entwicklungshilfe in benachteiligten Ländern zu fördern – und ebenso, unfaire Handelspolitik als Ursache der Benachteiligung zu brandmarken. Durch unsere Arbeit kommt diese Erkenntnis in der Politik an und es gibt Bewegung hin zu Anpassungen des Gemeinnützigkeitsrechts.

Für den Newsletter des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) gibt Allianz-Vorstand Stefan Diefenbach-Trommer einen Überblick über die politischen Prozesse, insbesonder über den Gesetzentwurf der oppositionellen SPD in Hessen und einer Großen Anfrage der Grünen im Bundestag. Neben positiven Ansätzen sieht er auch ein Nichtaufgreifen einzelner Probleme, die gleichwohl ebenso in diesem Kontext angegangen werden müssen. Geht es um die Ursachen, dann geht es um politische Entscheidungen.

Attac: Abgabenordnung erlaubt politische Betätigung

Attac hat heute die Begründung seiner Klage gegen das Finanzamt Frankfurt veröffentlicht, mit der die Wiederherstellung der Gemeinnützigkeit gefordert wird. In dem Schriftsatz legt Attac dar, dass das Gesetz nicht hergibt, eine politischen Tätigkeit zur Verfolgung gemeinnütziger Zwecke zu beschränken und dass der gemeinnützige Zweck „Förderung des demokratischen Staatswesens“ so umfassend zu verstehen ist, dass die Tätigkeiten von Attac darunter fallen. Das Gericht wird aufgefordert, das Gesetz richtig anzuwenden statt sich an der falschen Interpretation im Anwendungserlass zu orientieren. Die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ appelliert an die Politik als Gesetzgeber, die eigene Interpretation klarzustellen, statt sich von Interpretationen von Justiz oder Exekutive abhängig zu machen.

Zivilgesellschaftliche Organisationen wie Attac sind nötig für eine lebendige Demokratie. Sie bündeln das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, sie verhindern politische Fehlentscheidungen, sie stehen für schwache Gesellschaftsmitglieder ein. Einen Widerspruch von Gemeinnützigkeit und politischem Engagement gibt die Abgabenordnung als Gesetz nicht her, eher im Gegenteil. Sie trennt lediglich klar zwischen Parteien und anderen Organisationen.