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Anhörung zum Jahressteuergesetz 2020 im Finanzausschuss

In der öffentlichen Anhörung zum Jahressteuergesetz 2020 des Finanzausschuss des Bundestages am 26.10.2020 – anlässlich der Empfehlungen des Bundesrates und der Länder-Finanzminister*innen – wurde unter anderem das Thema Gemeinnützigkeit besprochen. Verschiedene geladene Sachverständige hatten sich bereits im Vorfeld im Rahmen ihrer schriftlichen Stellungnahmen dazu geäußert und konnten wichtige Fragen zu bestehenden Rechtsunsicherheiten zivilgesellschaftlicher Organisationen beantworten.

Auch wir als Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ haben in einer  unaufgeforderten Stellungnahme auf die Lücken im Gemeinnützigkeitsrecht hingewiesen. Darin begrüßen wir grundsätzlich die vom Bundesrat am 9.10.2020 vorgeschlagenen Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht, da sie vielen Organisationen mehr Rechtssicherheit bieten würden. Der Vorstoß des Bundesrates wäre aber zu kurz gegriffen, da er zu kurz greift. Es würden weiterhin die Klarstellung zur politischen Betätigung zum eigenen Zweck sowie bei Gelegenheit zu anderen gemeinnützigen Zwecken fehlen. Weiterhin weisen wir darauf hin, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Ausweitung des Zweckekatalogs zwar ein Schritt in die richtige Richtung sei, es aber eine weitere Ausweitung um die Zwecke der Förderung der Menschenrechte und Grundrechte, des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und der informationellen Selbstbestimmung benötige.

Hier die weiteren schriftlichen Stellungnahmen:

  • Campact e.V.
    Campact weist auf Lücken im Gemeinnützigkeitsrecht hin, die insbesondere auch kleinere zivilgesellschaftliche Organisationen treffen und empfiehlt dem Bundestag mindestens der Empfehlung der Landesfinanzminister*innen vom 24.9.2020 zu folgen und in der Abgabenordnung festzuhalten, dass gemeinnützige Zwecke auch politisch verfolgt werden dürfen. Ferner sollte nicht nur die Mittelweitergabe zwischen gemeinnützigen Organisationen erlaubt werden, sondern auch das gelegentliche geringfügige Engagement zu satzungsfremden gemeinnützigen Zwecken. Außerdem empfiehlt Campact den Einsatz für Menschenrechte als weiteren gemeinnützigen Zweck aufzunehmen.
  • Bundesverband Deutscher Stiftungen
    Der Bundesverband Deutscher Stiftungen begrüßt die in der Stellungnahme des Bundesrates vom 9.10.2020 vorgeschlagenen Klarstellungen im Gemeinnützigkeitsrecht. Ebenfalls begrüßt der Bundesverband Deutscher Stiftungen den Vorstoß der Landesfinanzminister*innen vom 24.9.2020 den Zweckekatalog in der Abgabenordnung zu ergänzen und weist darauf hin, dass eine zusätzliche Erweiterung um die Zwecke Förderung der Menschenrechte, des gemeinnützigen Journalismus und der weltweiten Demokratieförderung den veränderten gesellschaftlichen Bedürfnisse entspräche.
    Zusätzlich brauche es eine rechtssichere Abgrenzung zwischen politischer Betätigung und gemeinnütziger Zweckverwirklichung. Diese dürfe nicht hinter den Status quo zurückfallen, der die politische Tätigkeit zur Verwirklichung des eigenen gemeinnützigen Zweckes und die gelegentliche allgemeinpolitische Äußerung erlaubt.
  • Deutscher Gewerkschaftsbund
    Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) weist in seiner Stellungnahme auf die unerlässliche Rolle einer aktiven Zivilgesellschaft als Wächterin und Themenanwältin hin. Eine lebendige Demokratie brauche eine aktive Zivilgesellschaft, die sich einmischt, Entscheidungen hinterfragt und Debatten anstößt. Dafür brauche es eine Klarstellung zum zulässigen Maß der Mitwirkung an der politischen Willensbildung durch zivilgesellschaftliche Organisationen. Ferner sei es notwendig die „Förderung gemeinnütziger Organisationen in transparenter und nachvollziehbarer Weise von der Finanzierung politischer Parteien rechtssicher abzugrenzen“.
  • Prof. Dr. Sebastian Unger (Ruhr-Universität Bochum)
    Prof. Dr. Sebastian Unger weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Umsetzung der von den Landesfinanzminister*innen am 24.9.2020 vorgeschlagene Klarstellung zur politischen Betätigung lediglich eine Klarstellung der geltenden Rechtslage sei. Ferner wirft er die Frage auf, ob diese Klarstellung in § 58 AO platziert werden sollte, in dem lediglich geregelt sei, welche Verstöße gegen die Abgabenordnung nicht zu einem Entzug der Gemeinnützigkeit führen. Er weist darauf hin, dass eine solche klarstellende Regelung besser in § 63 Abs. 1 AO („Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung“) sei.

Die Anhörung steht in der Mediathek des Bundestags in voller Länge (knapp 2,5 Stunden) als Video zur Verfügung.

Hier das Wortprotokoll des Bundestages inklusive der schriftlichen Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen.