Visit page
Zum Inhalt springen

Attac legt Verfassungsbeschwerde ein

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Verfassungsbeschwerde von Attac

  • Trauerspiel, dass Bundestag Attac vors Verfassungsgericht zwingt
  • Parlament hatte sieben Jahre Zeit, Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren
  • Programme zu Bundestagswahl sind Prüfstein für Willen zu vielfältiger Demokratie

Zur vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac eingereichten Verfassungsbeschwerde gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Netzwerks erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Vereinen und Stiftungen:

„Es ist ein Trauerspiel, dass Attac vor das Verfassungsgericht ziehen muss. Seit inzwischen sieben Jahren kämpft das globalisierungskritische Netzwerk um den Status der Gemeinnützigkeit. Sieben Jahre, in denen der Gesetzgeber hätte handeln können, um die Rahmenbedingungen zivilgesellschaftlicher Organisationen zu modernisieren. Nötig sind politische Entscheidungen für den dringend nötigen Freiraum für zivilgesellschaftliches Engagement in einer modernen Demokratie.

Durch die fehlende Steuerbegünstigung ist eine Bewegungsorganisation wie Attac gegenüber zahlreichen anderen Akteuren diskriminiert: Die Lobbyaufwendungen von Unternehmen sind steuerbegünstigt, ebenso ihre Beiträge an einen Wirtschaftsverband, der in ihrem Interesse Einfluss auf die Steuerpolitik nimmt. Wer 100 Euro an eine Partei spendet, bekommt davon per Steuererklärung 50 Euro zurück. Wenn ein Sportverband sich sportpolitisch einmischt, ein Verein zum Schutz von Ehe und Familie politische Forderungen erhebt: gemeinnützig und steuerbegünstigt. Doch Spenden an Attac für ein faires Steuersystem oder für eine gerechte Welthandelsordnung sind nicht steuerlich begünstigt. Im Gegenteil muss Attac auf hohe Spenden sogar Schenkungssteuer zahlen.

Jenseits aller verfassungsrechtlichen Fragen sind diese Regeln veraltet und unangemessen. Faire Bedingungen müsste das Parlament herstellen, nicht ein Gericht. Die Gelegenheit dazu hat der Bundestag im Dezember 2020 verpasst, als er mit dem Jahressteuergesetz nur Kleinigkeiten im Recht der Gemeinnützigkeit verbessert hat. Es fehlen Klarstellungen zu politischer Bildung, zur Förderung der Demokratie oder zu politischer Einmischung. Weiterhin fehlen gemeinnützige Zwecke wie die Förderung von Grund- und Menschenrechten oder der sozialen Gerechtigkeit.

Nun ist die Bundestagswahl mit den Wahlprogrammen der Parteien der nächste Prüfstein, ob die Parteien die politische Willensbildung bei sich monopolisieren wollen oder ob sie eine moderne Demokratie mit vielen Stimmen fördern wollen. Es geht bei dieser Frage um weit mehr als Steuervorteile. Mit der Festlegung gemeinnütziger Zwecke werden gesellschaftliche Debattenräume außerhalb von Parteien und Parlamenten geöffnet. Menschen schließen sich zusammen, um sich selbstlos außerhalb von Parteien und Profitinteresse für Demokratie und Gesellschaft zu engagieren. Dieses Engagement für Umweltschutz oder Gerechtigkeit mag manchmal nerven, aber führt zu besseren Entscheidungen, weil dadurch sonst ungehörte Stimmen in die politische Willensbildung einfließen. Mit dem Mangel an Zwecken beschränkt der Gesetzgeber die Möglichkeiten gemeinnütziger, also selbstloser Teilnahme an der politischen Willensbildung.“

Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen ist durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht verunsichert. Mehr als 180 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung abzusichern. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Brot für die Welt, Amnesty International, Campact, Transparency International und auch Attac.

Weitere Infos: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de

Weiterführende Infos

Weitere Veröffentlichungen zum Fall Attac: