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Bürgerbewegung Finanzwende zeigt: Gemeinnützigkeitsrecht beschränkt Handlungsspielraum

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Aufgabe der Gemeinnützigkeit von „Bürgerbewegung Finanzwende“

  • Fall Finanzwende zeigt, dass Gemeinnützigkeit Handlungsspielraum beschränkt
  • Lobbyarbeit von Unternehmen bleibt steuerbegünstigt, Spenden zum Wohl der Allgemeinheit nicht
  • Gemeinnützigkeitsrecht braucht Modernisierung ins 21. Jahrhundert statt Extra-Status für politische Körperschaften

Zur Mitteilung des Vereins „Bürgerbewegung Finanzwende“, auf den Status der Gemeinnützigkeit zu verzichten, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Vereinen und Stiftungen:

„Das Beispiel der ‚Bürgerbewegung Finanzwende‘ zeigt, dass das Gemeinnützigkeitsrecht den Handlungsspielraum zivilgesellschaftlicher Organisationen begrenzt. Das Recht ist oft mehr Hürde als Hilfe und muss dringend ins 21. Jahrhundert geholt werden.

Der Verein ‚Bürgerbewegung Finanzwende‘ ist fraglos selbstlos tätig, also nicht auf Gewinn oder Vorteile der Mitglieder ausgerichtet. Seine Aktivitäten fördern die Allgemeinheit. Doch der amtliche Nachweis dafür fehlt künftig. Der Status wird immer wieder erklärungsbedürftig sein.

Gekniffen sind die Spenderinnen und Spender, deren kleine Beiträge nicht mehr steuerbegünstigt sind – während hohe Lobby-Aufwendungen von Finanzunternehmen zu ihren eigenen Gunsten stets als Betriebsausgaben steuerbegünstigt sind. Mit der Gemeinnützigkeit fallen nicht nur die Steuervorteile für durchschnittliche Spenden von 40 Euro weg. Bedeutender sind die Mittelweitergabe durch große gemeinnützige Stiftungen, öffentliche Fördermittel und der Status. Der amtliche Nachweis der Selbstlosigkeit fehlt der ‚Bürgerbewegung Finanzwende‘ künftig.

Im Unterschied zu Attac, DemoZ und vielen weiteren Fällen ist bei der ‚Bürgerbewegung Finanzwende‘ nicht das Finanzamt aktiv geworden. Der Verein hat einen möglichen Entzug der Gemeinnützigkeit offenbar als noch größeres Risiko eingeschätzt als den Verlust von Spenden und gibt daher den Status auf. Neben dem nicht mehr gemeinnützigem Verein wird es eine gemeinnützige GmbH geben. Diesen Schritt und die Zweigleisigkeit kann sich nicht jeder Verein leisten. Je länger ein Verein existiert, desto teurer ist der Verlust der Gemeinnützigkeit. Kleine lokale Initiativen können es sich nicht leisten, komplizierte Hybrid-Strukturen aufzubauen – sie sind auf eine einfache Gemeinnützigkeit angewiesen.

Ein eigener Steuerstatus für politische Körperschaften, angesiedelt zwischen Parteien und Gemeinnützigkeit, wäre für die ‚Bürgerbewegung Finanzwende‘, für Attac oder für die örtliche Radwege-Initiative oder den Antirassismus-Verein keine Lösung. Gemeinnützige Arbeit ist stets politisch, weil sie auf die Gesellschaft einwirkt. Aus Hilfsangeboten erwachsen oft politische Forderungen. Der gemeinnützige Sektor darf nicht entpolitisiert werden. Seine mitgestaltende Rolle als Wächter und Themenanwalt muss endlich anerkannt werden. Das Gemeinnützigkeitsrecht hat hier reichlich Nachholbedarf. Es braucht weitere gemeinnützige Zwecke und die Klarstellung, dass diese Zwecke natürlich auch mit politischen Mitteln verfolgt werden können. Leider ist der Bundestag bei Reformen zuletzt zu kurz gesprungen.“

Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen ist durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht verunsichert. Mehr als 180 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung abzusichern. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Attac, Brot für die Welt, Amnesty International, Campact, Transparency International und auch die Bürgerbewegung Finanzwende.

Weitere Infos: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de

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