Der Bundestag wird früher als vorgesehen bereits (voraussichtlich) am 23. Februar 2025 (statt im September) neu gewählt. Die verkürzte Frist ist Stress für Parteien und deren demokratische Prozesse zur Aufstellung von Listen und Wahlprogrammen, aber auch Stress für die Zivilgesellschaft: Je geringer die Ressourcen, desto schwieriger, in der kurzen Zeit und unvorbereitet wichtige Themen bei den Parteien zu platzieren.
Sie lesen auf Dieser Seite unseren Impuls an alle demokratischen Parteien – über die konkreten Forderungen zum Gemeinnützigkeitsrecht hinaus. Wir werden weitere Beiträge zur Wahl und den Wahlprogrammen veröffentlichen, bisher:
- Bundestag verzichtet auf Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (19. Dezember 2024)
- Sammlung: Forderungen zur Bundestagswahl 2025 rund um Engagementpolitik und Gemeinnützigkeit (19. Dezember 2024)
- Appell an Parteien: Redet über Demokratiepolitik! (17. Dezember 2024)
Inhaltsverzeichnis
Demokratie verteidigen, Zivilgesellschaft als Institution schützen
Demokratie braucht breite Räume und einen rechtssicheren und unbürokratischen Rechtsrahmen für zivilgesellschaftliches Engagement. Diese Räume müssen geschützt und wo erforderlich erweitert werden. Demokratie braucht zivilgesellschaftliches Engagement. Der demokratische Rechtsstaat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann, wie zum Beispiel Zusammenhalt, Akzeptanz von Werten, Solidarität.
Demokratie schützen heißt demokratische Institutionen schützen; sie sturmfest machen, bevor der Sturm da ist.
Zu den Institutionen gehören neben den drei staatlichen Gewalten Legislative, Judikative (inklusive Bundesverfassungsgericht) und Exekutive auch die freie Presse (mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk) und die Zivilgesellschaft.
Das Basisrecht der Zivilgesellschaft ist das Gemeinnützigkeitsrecht. Es ist für bürgerschaftliches Engagement prägender als etwa Vereinsrecht (bürgerliches Recht) oder Fördermittel-Richtlinien (öffentliches Recht). Auch nicht gemeinnützige zivilgesellschaftliche Organisationen übernehmen oft Aspekte des Gemeinnützigkeitsrechts in ihre Satzungen. Informelle Initiativen richten sich daran aus.
Daher sollte das Gemeinnützigkeitsrecht das Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fördern. Doch leider begrenzt es derzeit mehr als es zu ermöglichen. In der Legislaturperiode 2021-2025 gab es Verbesserungen, die jedoch nicht ausreichen. Weitere Schritte sind auch nötig, um die wiederholten Rügen im Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission auszuräumen und den Empfehlungen dazu nachzukommen. Deutschland sollte bei Freiheitsgraden der Zivilgesellschaft Spitzenreiter und Leuchtturm sein.
Gemeinnützige Zwecke ergänzen
Insbesondere fehlen weiterhin gemeinnützige Zwecke wie Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten, sowie eine taugliche Klarstellung, dass gemeinnützige Organisationen diese und andere Zwecke auch mit politischen Mitteln wie Demonstrationen, Öffentlichkeitsarbeit oder Politik-Kontakten bis hin zu Gesetzesvorschlägen verfolgen dürfen.
Gleichzeitig braucht es dabei eine klare Abgrenzung zur Förderung von Parteien, aber auch der Förderung von kommunalen Wahlgemeinschaften oder Einzelkandidierenden, ob für ein kommunales Amt oder für ein Parlamentsmandat.
Um mit öffentlicher Kontrolle zu verhindern, dass unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit eigennützige Interessen verfolgt werden, kann mehr Transparenz helfen; vor allem für große Vereine und die, die sich politisch einmischen. Regeln dazu dürfen aber nicht das demokratische Engagement ausbremsen. Das Lobbyregister ist dazu ein gutes Instrument. Statt gemeinnützige Organisationen mit neuen Berichtspflichten zu belasten, sollte eher die Selbstregulierung der Zivilgesellschaft mit Kodizes und Transparenz-Standards (wie „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“ oder von Dachverbänden) gefördert werden.
Status der Gemeinnützigkeit ist kein Kontroll-Instrument
Es ist ein Irrtum, dass über eine starke Regulierung bis Begrenzung gemeinnütziger Organisationen illegitimer Einfluss auf die öffentliche und staatliche Willensbildung oder auf Parteien ausgeschlossen werden können. Wer Regeln der Gemeinnützigkeit unterlaufen will, agiert einfach mit einem nicht gemeinnützigen Verein. Grenzfälle der Parteienförderung waren in den vergangenen Jahren Aktivitäten solcher Vereine.
Demokratiepolitische Themen zusammen denken und verankern
Dies zeigt, dass Themen wie Gemeinnützigkeitsrecht, Parteienfinanzierung, Fördermittel, Lobbyregister, parteinahe Stiftungsvereine und auch Wahlrecht zusammen gedacht werden müssen. Dazu braucht es in Bundestag und Bundesregierung entsprechende Zuständigkeiten, etwa eine Stabsstelle im Bundeskanzleramt und einen Vollausschuss im Bundestag. Zusätzlich könnte eine Enquete-Kommission zu Demokratie- und Engagementpolitik eingesetzt werden. Ein Ziel sollte sein, nicht nur (vor allem Richtung Ende der Legislaturperiode) kleinteilige technische Änderungen am Gemeinnützigkeitsrecht vorzunehmen oder Freibeträge hochzusetzen, sondern ein modernes Bild von Engagement zu gewinnen und dazu Normen nachzuschärfen; im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht und auch im Vereins- bzw. Stiftungsrecht (bürgerliches Recht) und in Fördermittel-Richtlinien (öffentliches Recht).
Gemeinnützigkeitsrecht ist bei der Steuerpolitik falsch aufgehoben. Es ist Teil von Engagementpolitik. Und Engagementpolitik gehört unter das Dach von Demokratiepolitik.
Um das umzusetzen, bräuchte es bereits in Koalitionsverhandlungen eine eigenständige Arbeitsgruppe zu Demokratiepolitik/Schutz der Demokratie. Die Parteien sollten entsprechend auch in ihrem jeweiligen Wahlprogramm die Themen bündeln und zusammenfassen mit einem eigenen Kapitel.
Weitere Entlastungen für Engagement und Zivilgesellschaft
Im Gemeinnützigkeitsrecht und darüber hinaus bei staatlichen Fördermitteln braucht es zudem eine Vielzahl von kleinen Korrekturen, Entlastungen und auch Entbürokratisierung.
Es gibt dazu vielfältige Forderungen von Dachverbänden, Subsektoren und Expert:innen. Um diese zu sammeln, zu bewerten und zu gewichten sollte eine eigene Stakeholder-Runde stattfinden. Eine Strategie dazu könnte auch Teil des Wahlprogramms sein.
Weitere Veröffentlichungen rund um die Bundestagswahl
- Bundestag verzichtet auf Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (19. Dezember 2024)
- Sammlung: Forderungen zur Bundestagswahl 2025 rund um Engagementpolitik und Gemeinnützigkeit (19. Dezember 2024)
- Appell an Parteien: Redet über Demokratiepolitik! (17. Dezember 2024)
Unterstützen und informiert bleiben
- Wenn Sie wollen, dass eine nächste Bundesregierung das Gemeinnützigkeitsrecht tatsächlich modernisiert, unterschreiben Sie unsere Forderungen! Und sagen Sie es den Kandidat:innen und Parteien in deren Wahlkampf.
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