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EU kritisiert ausbleibende Reform Gemeinnützigkeit

In ihrem vierten Rechtsstaatsbericht drängt die EU-Kommission erneut auf eine Reform des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts. Die Mahnungen werden pochender. Deutlich herauszulesen ist die Unzufriedenheit, dass die vorigen Empfehlungen zum Freiraum für zivilgesellschaftliche Organisationen nicht beachtet wurden.

Zu den fünf Empfehlungen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit gehören neben der Berücksichtigung europäischer Standards für die Finanzierung zivilgesellschaftlicher Organisationen im Gemeinnützigkeitsrecht die Finanzierung des Justizsystems, die Einführung eines legislativen Fußabdrucks, Regelungen zum „Drehtüreffekt“ und Informationsrechte für Journalist:innen.

Insgesamt sei festzustellen, dass Deutschland bei der Umsetzung der Empfehlungen des vorigen Berichts über die Rechtsstaatlichkeit „bislang keine Fortschritte dabei erzielt hat, unter Berücksichtigung europäischer Standards für die Finanzierung zivilgesellschaftlicher Organisationen den Plan zur Anpassung der Steuerbefreiung von gemeinnützigen Organisationen weiterzuverfolgen, um die Herausforderungen anzugehen, die mit den derzeit geltenden Vorschriften für deren Betrieb in der Praxis verbunden sind“, schreibt die EU-Kommission im Länderbericht Deutschland. Es wird erneut empfohlen, „den Plan zur Anpassung der Steuerbefreiung von gemeinnützigen Organisationen weiterzuverfolgen, um die Herausforderungen anzugehen, die mit den derzeit geltenden Vorschriften für deren Betrieb in der Praxis verbunden sind, wobei europäische Standards für die Finanzierung zivilgesellschaftlicher Organisationen zu berücksichtigen sind“ – fast wortgleich lautete die Empfehlung bereits vor einem Jahr. Doch Fortschritte sind nicht zu erkennen.

Die Recherche der Kommission ist umfassend. So erwähnt der Bericht den im Januar 2022 geänderten Anwendungserlass (AEAO). Dadurch habe es zwar Verbesserungen für zivilgesellschaftliche Organisationen gegeben, die gelegentlich Aktivitäten ausüben, die als politisch angesehen werden könnten. Der Erlass sei an vielen Stellen aber nicht klar genug definiert und schaffe daher neue Herausforderungen in der Praxis (siehe hierzu unsere Pressemitteilung).

Probleme für zivilgesellschaftliche Organisationen aufgrund des derzeit bestehenden Gemeinnützigkeitsrechts in der täglichen Praxis bleiben bestehen, heißt es aber im Folgesatz. Zivilgesellschaftliche Organisationen würden zunehmend mit Drohungen und rechtlichen Schritten von politischen Gegner:innen konfrontiert, die darauf abzielten, sie an der Teilnahme an der öffentlichen Debatte zu hindern, indem sie mit dem Verlust des Status der Gemeinnützigkeit drohen. Empfehlungen des Europarats, die der Bericht aufgreift, betonen, dass jede Form der öffentlichen Unterstützung für NGOs klaren und objektiven Kriterien unterliegen sollte.

Neuer Rechtsetzungsvorschlag: Keine konkreten Schritte

Die EU ist auch auf dem Stand zu den Planungen der Koalition: „Die Regierung plant die Vorlage eines Rechtsetzungsvorschlags mit genauen Bestimmungen zur Steuerbefreiung von gemeinnützigen Organisationen“ – und weiß: „bislang wurden allerdings noch keine konkreten Schritte eingeleitet.“

Die Bundesregierung hatte sie in ihrem Beitrag zum Rechtsstaatsbericht auf diese Punkte nicht hingewiesen, sondern lediglich festgestellt: „Zivilgesellschaftliche Organisationen können in Deutschland ihrer Tätigkeit ungehindert nachgehen.“

Der Rechtsstaatsbericht wurde Anfang Juli 2023 veröffentlicht. Die Berichte geben einen Überblick über die Entwicklungen und die Situation der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Mitgliedstaaten, einschließlich Deutschland. Neben einer allgemeinen Einschätzung der Situation in der EU werden auch jeweils Beobachtungen und Empfehlungen für die 27 EU-Mitgliedsstaaten ausgesprochen. Es gibt für jedes Land einen Länderbericht (der für Deutschland hier) mit Empfehlungen (hier Zusammenfassungen aller Länderberichte samt Empfehlungen auf englisch) und einen Gesamtbericht (nur englisch).

Weitere Infos zu den EU-Rechtsstaats-Berichten