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EU warnt Deutschland

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zum Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU

Im gestern veröffentlichten Bericht zur Rechtsstaatlichkeit der EU stellt die EU-Kommission Probleme im deutschen Gemeinnützigkeitsrecht fest: „Die Unsicherheit in Bezug auf die Steuerbefreiung zivilgesellschaftlicher Organisationen stellt trotz einiger leichter Verbesserungen des Rahmens nach wie vor ein Problem dar.“ Dazu fordert Annika Schmidt-Ehry, leitende Referentin der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Vereinen und Stiftungen:

„Die Bundesregierung muss die Warnungen ernst nehmen und handeln! Immer häufiger hören wir von Angriffen auf die Gemeinnützigkeit vermeintlich unliebsamer Organisationen. Sportvereinsvorstände hadern, ob sie zu antirassistischen Demonstrationen aufrufen. Der Bericht ist ein Instrument, um Rechtsstaatlichkeit zu fördern und Probleme zu verhindern. Wenn das Gemeinnützigkeitsrecht nicht angepasst wird, droht die Demokratie in Deutschland leiser zu werden.“

Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen fühlt sich bereits seit Jahren durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht in seiner Arbeit beschränkt. Mehr als 180 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung etwa für Grundrechte und gemeinnützige Zwecke abzusichern. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Amnesty International, Brot für die Welt, LobbyControl und Transparency International.

Hintergrund:

Der gemeinnützige Status stellt in Deutschland nicht nur eine Steuererleichterung dar, sondern dient faktisch als inoffizielles Siegel für die seriöse und unterstützenswerte Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen. Doch Organisationen, die sich regelmäßig politisch äußern, sind ständig der Gefahr ausgesetzt, ihre Gemeinnützigkeit zu verlieren.

Im Länderbericht der EU-Kommission zu Deutschland findet sich dazu:

„Die Unsicherheit in Bezug auf die Steuerbefreiung zivilgesellschaftlicher Organisationen stellt trotz einiger leichter Verbesserungen des Rahmens nach wie vor ein Problem dar. Alles in allem wird der zivilgesellschaftliche Raum weiterhin als „offen“ angesehen, und es besteht nach wie vor ein solider Rahmen für die Zivilgesellschaft. Nach einer Reform der Abgabenordnung im Dezember 2020 fallen weitere Kategorien zivilgesellschaftlicher Akteure mit ihren Tätigkeiten unter die Steuerbefreiung für gemeinnützige Organisationen. Diese Reform hat jedoch nicht die Unsicherheit beseitigt, die mit einem Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2019 geschaffen und durch ein Urteil vom Dezember 2020 zum Anwendungsbereich der Steuerbefreiung bestätigt worden war. Nach der Rechtsprechung dürfen sich zivilgesellschaftliche Organisationen nicht allgemein in politischen Angelegenheiten engagieren, sondern nur, wenn dies für die Ausübung der in der Abgabenordnung genannten Tätigkeiten unbedingt erforderlich ist.

Obwohl sie die Öffentlichkeit in neutraler Weise informieren können, führt die Auslegung dieser Bedingungen in der Praxis zu einer erheblichen Unsicherheit für zivilgesellschaftliche Organisationen, insbesondere für diejenigen, die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. Interessenträger berichten, dass die Furcht vor dem Verlust der Steuerbefreiung dazu führen kann, dass zivilgesellschaftliche Organisationen davon absehen, zu potenziell sensiblen Fragen Stellung zu nehmen, und sie legen dar, wie die Androhung rechtlicher Schritte im Zusammenhang mit dem Steuerstatus auch als politische Taktik genutzt werden kann.“ (Seite 20)

Zur Rolle der Zivilgesellschaft in einer Demokratie konstatiert die Europäische Kommission im Bericht zur Rechtsstaatlichkeit 2021 auf Seite 24:

„Die Rechtsstaatlichkeit in einer Demokratie beruht auf einer institutionellen Kontrolle und Gegenkontrolle zwischen staatlichen Organen, wodurch ihre Funktionsweise, Zusammenarbeit und die gegenseitige Kontrolle garantiert werden, sodass die Macht von einer staatlichen Stelle unter der Kontrolle der anderen in Einklang mit der politischen und rechtlichen Tradition des einzelnen Mitgliedsstaats ausgeübt wird. Die Zivilgesellschaft spielt eine zentrale Rolle im System von Kontrolle und Gegenkontrolle.“

und

„Ein förderlicher Rahmen für die Zivilgesellschaft ermöglicht Debatten und die Kontrolle der Regierungsverantwortlichen, und wenn ihr Handlungsspielraum eingeengt wird, ist dies als Zeichen zu sehen, dass die Rechtsstaatlichkeit gefährdet ist.“

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