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Finanzminister sollten auch Engagement für Menschenrechte würdigen

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

Zu den gestern auch von den Landesfinanzministern angemahnten Reformen im Gemeinnützigkeitsrecht erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 130 Vereinen und Stiftungen:

„Es ist erfreulich, dass sich die Finanzminister für gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Engagement Ehrenamtlicher für die Gesellschaft einsetzen. Allerdings würde ich von den CDU-Finanzministern gerne auch eine Aussage hören über den Wert des selbstlosen Engagements für Menschenrechte, gegen Rassismus, für Minderheiten und für die Demokratie.

In der Debatte über die Gemeinnützigkeit von Männervereinen geht es um die hypothetische Bedrohung hunderter Vereine. Doch tausende Vereine sind bedroht durch die Lücken im Gemeinnützigkeitsrecht, die im Februar durch das Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs noch offenbarer wurden. Tatsächlich haben bereits mindestens drei Vereine deshalb ihre Gemeinnützigkeit verloren: Attac, Campact und der Ludwigsburger Verein „Demokratisches Zentrum“ (DemoZ). Das beschädigt bereits jetzt ehrenamtliches Engagement.

30 Jahre nach dem Mauerfall ist viel von den Bürgerrechtlern die Rede, die in der DDR mit Demonstrationen Menschenrechte und Umweltschutz gefordert haben. In Gesamtdeutschland gibt es keinen sicheren Gemeinnützigkeits-Status für Bürgerrechtler. Dabei ist dieses Engagement für eine liberale Demokratie überlebensnotwendig.

Wir brauchen im Gemeinnützigkeitsrecht klar benannte Zwecke wie Förderung der Menschenrechte, des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit. Wir brauchen die Klarstellung, dass sich gemeinnützige Organisationen für diese Zwecke, aber auch für Sport und Umweltschutz natürlich auch mit politischen Mitteln wie Demonstrationen einsetzen dürfen, so lange sie damit keine Parteien unterstützen. Und es muss gemeinnützigen Vereinen erlaubt sein, sich bei Gelegenheit auch über ihren eigenen Zweck hinaus zu engagieren – damit der Sportverein gegen Rassismus aufstehen kann, der Gesangsverein Bäume für den Klimaschutz pflanzen darf, die Pfadfindergruppe Stellung gegen Altersarmut beziehen kann und ein Heimatverein von der Stadt einen Bürgerbus fordern darf.“

Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen fühlt sich durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht bedroht. Mehr als 130 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung etwa für Grundrechte und gemeinnützige Zwecke abzusichern.

Weitere Infos: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de

Aussagen von CDU-Politikern aus den vergangenen Tagen zu Gemeinnützigkeit und Engagement

Thomas Schäfer, Finanzminister Hessen: „Wir sollten engagierten Bürgerinnen und Bürgern das Leben leichter machen und ihnen nicht noch zusätzliche Steine in den Weg legen.“

Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium: „Wir sollten froh sein über jeden, der sich für das Gemeinwohl engagiert und sich in die Gesellschaft einbringt.“ Und: „Haben wir denn keine anderen Sorgen als denen die sich ehrenamtlich im ‪#Verein engagiere Knüppel in Weg zu legen. Angriff auf ‪#Ehrenamt & ‪#Freiheit!“

Bernd Althusman, Wirtschaftsminister Niedersachsen: „Ich kann dem Bundesfinanzminister nur empfehlen, diesen Plan schnell wieder ad acta zu legen und sich stattdessen gemeinsam mit uns darüber Gedanken zu machen, wie wir unsere Vereine zukünftig weiter stärken können, damit wir unseren zigtausenden Ehrenamtlichen in Deutschland als Politik eine Hilfe sind und keine Last.“

Hintergrundinfos

Die Landesfinanzminister haben am Rande des gestrigen Bundesrats-Finanzausschusses ihre bisherigen Beschlüsse zur Gemeinnützigkeit bestätigt. Die Minister haben bereits Anfang des Jahres vereinbart, mehrere Herausforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts anzugehen, auch die Folgen des Attac-Urteils. Hier die aktuelle Mitteilung des Finanzministeriums NRW.

Das „Demokratische Zentrum Ludwigsburg“ (DemoZ) hatte diesen Montag (11.11.2019) mitgeteilt, dass ihm in Folge des Attac-Urteils die Gemeinnützigkeit entzogen wurde.

Informationen zum Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs.

Fast 300.000 Menschen fordern mit ihrer Unterschrift vom Bundestag und von Finanzminister Olaf Scholz Reformen des Gemeinnützigkeitsrechts, um den Wert zivilgesellschaftlichen Engagements für eine lebendige Demokratie und eine ausgewogene öffentliche Debatte anzuerkennen.

Zwölf Dachverbände und Netzwerke gemeinnütziger Organisationen hatten vor wenigen Tagen die „Charta für Zivilgesellschaft und Demokratie“ vorgelegt, in der sie unter anderem erklären: „Wir haben den Anspruch, die Gesellschaft mitzugestalten, politische Positionierungen sind damit Teil unseres Auftrags.“

Zu Überlegungen des Bundesfinanzministers Olaf Scholz, wie ein Steuerstatus für Bürgerrechts-Organisationen jenseits der Gemeinnützigkeit aussehen kann.