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Alternative zu Forderung 2: Änderung des Anwendungserlasses zu politischen Mitteln

Stand: 28.1.2022

Unsere Forderung: Wenigstens Anwendungserlass hilfreich formulieren

Wir hatten ursprünglich als Alternative zu unserer Forderung Nummer 2 (Klarstellung, dass die Beteiligung an der politischen Willensbildung unschädlich für die Gemeinnützigkeit ist) vorgeschlagen, dass der Bundesminister der Finanzen mit einem Federstrich die Rechtssicherheit für zivilgesellschaftliche Orga­nisationen deutlich erhöht, indem er den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) von den Beschränkungen zur Beeinflussung der staatlichen Willensbildung be­freit: Der AEAO zu § 52 AO, Ziffer 15 (neu: 16) könne neu lauten, dass „eine politische Tätig­keit danach unschädlich für die Gemeinnützigkeit ist, wenn eine gemeinnützige Tätig­keit nach den Verhältnissen im Einzelfall zwangsläufig mit einer politischen Zielset­zung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des gemeinnützigen Zwecks weit in den Hintergrund tritt.“

Nach Jahren der Diskussionen und mehreren Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) haben die Finanzministerien von Bund und Ländern sich auf Änderungen geeinigt, die am 27. Januar 2022 veröffentlicht wurden. Die Neufassung zu politischen Tätigkeiten ist besser als der vorige Text, aber noch immer teils unklar und verwirrend. Dieser Weg ist offenbar verbraucht, so dass es gesetzliche Klarstellungen braucht. Folgende Formulierungen sind auf Basis auch jüngster Urteile des BFH möglich und klarer als die aktuelle Fassung.

Eine Übersicht all unserer Forderungen gibt es hier.

Formulierungsvorschlag

(Die Formulierungen stammen aus dem Aufsatz „Nötige Unterscheidungen zur politischen Betätigung gemeinnütziger Körperschaften: Zweck, Mittel, Haltung und Tagespolitik“ von Allianz-Vorstand Stefan Diefenbach-Trommer in Ausgabe 4/2021 der Zeitschrift für Stiftungs- und Vereinswesen, erschienen im August 2021).

Die Einflussnahme auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung ist kein eigenständiger gemeinnütziger Zweck (vgl. BFH-Urteil v. 10.12.2020 – V R 14/20). Eine allgemeinpolitische Betätigung losgelöst von konkreten gemeinnützigen Zwecken ist gemeinnützigen Organisationen somit grundsätzlich nicht erlaubt.

Keine Tätigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft darf darauf gerichtet sein, politische Parteien oder kommunale Wäh­lergemeinschaften zu fördern (vgl. AO § 55 Abs. 1 Ziff. 1 S. 3). Dass Forderungen gemeinnütziger Körperschaften identisch sind mit Forderungen politischer Parteien oder dass diese von letzteren übernommen werden, gefährdet nicht den Status der Gemeinnützigkeit.

Die Gemeinnützigkeit ist zu versagen, wenn die Körperschaft aus­schließlich oder überwiegend einen politischen Zweck in dem Sinne verfolgt, dass sie versucht, politische Macht zu erlangen, oder wenn entsprechende Mit­tel zur Zweckverwirklichung in der Satzung festgelegt sind.

Eine steuerbegünstigte Organisation darf sich jedoch zur Verfolgung ihrer steuerbegünstigten Zwecke auch in erheblichem Umfang politischer Mittel bedienen (vgl. BFH-Urteil v. 20.3.2017 – X R 13/15). Zur Förderung der Allgemeinheit gehört die kritische öffentliche Information und Diskussion, um ein nach § 52 Abs. 2 AO begünstigtes Anliegen der Öffentlichkeit und damit auch Politikerinnen und Politikern nahezubringen.
Zu den zulässigen politischen Mitteln zur Zweckverfolgung gehört nicht der Versuch, selbst an direkte politische Macht zu gelangen, etwa durch Wahlen.

Steuerbegünstigte Mittel können in geringem Umfang verwendet werden für gelegentliche Stellungnahmen zu tagespolitischen Themen und Ereignissen ohne unmittelbaren Zusammenhang mit gemeinnützigen Zwecken; entscheidend ist, dass die Verfolgung eigener gemeinnütziger Zwecke Mittelpunkt der Tätigkeit der Körperschaft ist.

Alternative zu letztem Absatz:

Auch gemeinnützige Körperschaften sind Träger von Grundrechten und können ihre Meinung frei äußern. Die gelegentliche Mittelverwendung für Stellungnahmen zu tagespolitischen Themen und Ereignissen, die über die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke hinausgehen, muss gegenüber der Förderung des bzw. der eigenen gemeinnützigen Zwecke weit in den Hintergrund treten.

Alternative: Öffentliche Erklärungen der Finanzministerien

Aus Landesfinanzministerien wird gelegentlich erklärt, eine Änderung des AEAO sei nicht nötig, weil entsprechende Tätigkeiten möglich wären und nicht gerügt werden. Leider wird das bisher nicht öffentlich gesagt. Um die Unsicherheit bei gemeinnützige Organisationen und bei den Beschäftigten in Finanzämtern zu mildern, könnten noch bevor der AEAO angepasst wird die Finanzministerien öffentlich erklären, was Vereinen erlaubt ist – und auch, was verboten ist, weil Grenzen überschritten werden.

Hinweis zum Anwendungserlass

Die Abgabenordnung (AO) mit den relevanten Regeln ist ein Gesetz, beschlossen von Bundestag und Bundesrat. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) ist keine Norm, sondern gemäß Finanzverwaltungsgesetz eine allgemeine Weisung an Behörden, die vom Bundesfinanzministerium im Einvernehmen mit den Landesfinanzministerien erlassen wird. Dieser Erlass stellt eine Interpretation des Gesetzes dar mit möglichst konkreten Handlungshinweisen. Er folgt oft BFH-Urteilen. Für Gerichte, ob (Landes-)Finanzgerichte oder Bundesfinanzhof (BFH) ist der Erlass nicht bindend – für die Finanzämter schon.

Insofern kann der AEAO keine neue Rechtsgrundlage schaffen, keine grundsätzliche Reform. Er kann aber für die Praktiker:innen in Finanzverwaltung, Steuerberatung und Vereinen/Stiftungen Urteile hilfreich bündeln, Widersprüche klären und konkrete Hinweise geben.