Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Koalitions-Einigung, Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben
- Kinderrechte müssen auch gemeinnütziger Zweck sein
- Zivilgesellschaftliche Organisationen brauchen Rechtssicherhheit für ihre Arbeit
- Staat braucht Wächterfunktion zivilgesellschaftlicher Organisationen
Zur Einigung in der Regierungskoalition, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Vereinen und Stiftungen:
„Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben, ist gut und überfällig, aber nicht ausreichend. Wer es mit Kinderrechten ernst meint, muss diese auch als gemeinnützigen Zweck in die Abgabenordnung schreiben und klarstellen, dass dieser und andere Zwecke natürlich auch mit politischen Mitteln verfolgt werden können, etwa mit Demonstrationen oder Forderungen an die Politik. Nur so erhalten zivilgesellschaftliche Organisationen Rechtssicherheit, um als Anwältinnen für Kinder aufzutreten und in ihrer Wächterfunktion das Handeln des Staates zu überprüfen.
Dass der Staat sich Regeln setzt, ist gut. Die Regeln brauchen öffentliche Aufmerksamkeit und Kontrolle. Der Staat mag Wächter gegenüber Eltern sein, aber er braucht wiederum eigene Wächter, falls er zu stark in Familien oder in die Rechte von Kindern eingreift. Zivilgesellschaftliche Organisationen als Grundrechts-Wächterinnen beobachten und beraten Behörden, sie richten Forderungen an Parlamente und klagen notfalls auch Rechte von Kindern ein ein – zum Beispiel, wenn wegen einer Pandemie Spielplätze geschlossen und die Bewegungsfreiheit von Kindern massiv eingeschränkt wird.
Zahlreiche Grundrechte finden sich bereits in gemeinnützigen Zwecken wieder, etwa die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Mit dem Jahressteuergesetz wurde eben erst der Schutz vor rassistischer Verfolgung und vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität aufgenommen. Kinderrechte fehlen noch. Sinnvoller als viele Einzelzwecke wäre, generell Schutz und Förderung von Grund- und Menschenrechten als gemeinnützigen Zweck ins Gesetz zu schreiben. Dann würde jede Grundgesetzänderung automatisch auch das Handlungsfeld gemeinnütziger Organisationen anpassen.
Seit dem Attac-Urteil des Bundesfinanzhofes von Anfang 2019 kann ein gemeinnütziger Verein zwar zu Kinderrechten aufklären, darf unter dem Zweck der politischen Bildung aber keine Forderungen erheben. Wenn Kinder mit ihren Forderungen zum Rathaus ziehen wollen, kann dies ohne passenden gemeinnützigen Zweck nicht unter dem Dach des Vereins passieren. Das muss der Bundestag zum Wohle von Kindern und Demokratie ändern.“
Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen ist durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht verunsichert. Mehr als 180 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung etwa für Grundrechte und gemeinnützige Zwecke abzusichern. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Terre des Hommes, die Kreuzberger Kinderstiftung und Brot für die Welt.