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Neue Impulse für Lobbyregister und Transparenz-Debatte

In einem Lobbyregister würden auch zivilgesellschaftliche Organisationen erfasst, die mit direkten Kontakten auf die Bundespolitik einwirken. In der aktuellen Debatte werden verschiedene Stränge vermischt, die gemeinnützige Organisationen zum Teil betreffen.

Voraussichtlich am 17. März 2021 wird die Bundesregierung neue Formulierungen für das Lobbyregister vorschlagen. Vor einigen Wochen meldeten Zeitungen eine neue Einigung zwischen den Regierungsparteien CDU, CSU und SPD, ohne dass konkrete Formulierungen genannt wurden. Seitdem hat sich die Debatte um Transparenz in der Politik durch bekannt gewordene Affären beschleunigt. In der Berichterstattung werden dabei gelegentlich verschiedene Stränge vermischt, etwa die Transparenz über die Einflussnahme durch Dritte (ob Wirtschaftsverband oder Wohlfahrtsverein), Regeln für die Abgeordneten und Transparenz über die Parteienfinanzierung.

Alle Debattenstränge betreffen auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich in die politische Willensbildung einmischen – teils direkt, teils indirekt. Wenn etwa die SPD jetzt eine Begrenzung von Parteispenden fordert bzw. eine Offenlegung der Herkunft bereits ab 2.000 Euro statt 10.000 Euro, dann neigen manche dazu, solche Forderungen Eins-zu-Eins auf zivilgesellschaftliche Organisationen zu übertragen. Oder: Je transparenter die Finanzierung von Parteien und Abgeordneten ist, desto eher könnten dort bei Einzelnen Begehrlichkeiten wachsen, gemeinnützige Vereine zu ihrer Unterstützung instrumentalisieren. Oder: Weil manche glauben, dass diese Begehrlichkeiten in Parteien so groß seien, wollen sie Vereine vor diesem Missbrauch aus Parteien „schützen“, indem sie von politischen Diskussionen ferngehalten werden. Eine politische Burka, die Vereinen zwangs-übergeworfen würde, statt die mit den Begehrlichkeiten zu kontrollieren.

Es ist auch daher immer wieder nötig, die Unterschiede sowohl zwischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen als auch zwischen Wirtschaftsverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen deutlich zu machen und diese Unterschiede auch in Gesetzen zu markieren.

Gemeinnützige dürfen keine Parteien fördern

Es ist bereits in § 55 der Abgabenordnung verboten, dass gemeinnützige Körperschaften Mittel für unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden. (Leider ist nicht eindeutig geregelt, ob das auch für die Förderung kommunaler Wählergemeinschaften oder für Einzelkandidat*innen gilt).

Die Regeln zur Steuerbegünstigung und Transparenz von Spenden für Parteien und in anderen Fällen sind verschieden. Im Prinzip ist eine Parteispende steuerlich attraktiver als eine gemeinnützige Spende. Die Parteispende bringt meistens 50 Prozent Steuererstattung. Maximal können 6.600 Euro Parteispende steuerlich geltend gemacht werden – die Höhe einer Spende ist dennoch unbegrenzt. Ab ca. 10.000 Euro ist der Steuervorteil bei einer gemeinnützigen Spende höher – und ab 10.000 Euro muss bei Parteispenden auch der Name der Gebenden genannt werden.

Wer diese Grenze ausgereizt hat, könnte in Versuchung geraten, den Beitrag missbräuchlich über einen gemeinnützigen Verein zu schleusen. Immer mal wieder überschreiten Menschen aus Parteien daher Grenzen – ob in der Flick-Affäre in den 70-er und 80-er Jahren oder aktuell in diesem Beispiel.

Wie zivilgesellschaftliche Organisationen betroffen sind

Einige Aspekte aus der aktuellen Debatte und was diese mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zu tun haben könnten:

  • Das geplante Lobbyregister betrifft auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die regelmäßig Kontakte zur Bundespolitik pflegen. Sie müssen nach letztem Stand dann alle Spenden ab 20.000 Euro offenlegen – auch, wenn die für andere Tätigkeiten gewidmet sind. (Siehe dazu auch unsere Hinweise vom September 2020 und den Brief des „Bündnis für Gemeinnützigkeit“ von Ende Februar 2021).
  • Ein exekutiver Fußabdruck würde natürlich auch Gespräche und Mails zivilgesellschaftlicher Organisationen betreffen. Die Meldepflicht soll bei den Institutionen liegen, nicht bei den Organisationen.
  • In der Debatte um Bundestagsabgeordnete als Interessenvertreter*innen wird gelegentlich darauf verwiesen, dass es ja nicht nur mit Wirtschaftsverbänden oder Unternehmen verbandelte Abgeordnete gibt, sondern auch welche, die in Gewerkschaften verwurzelt sind oder in sozialen Bewegungen, etwa in Umweltverbänden. Der Unterschied liegt natürlich darin, ob sie entgeltlich und zum eigenen Vorteil tätig sind oder einfach einer Sache verbunden sind. Darüber sollte Transparenz hergestellt werden.
    Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert in ihrer „10-Punkte-Transparenzoffensive“ u.a., Abgeordneten eine „entgeltliche Tätigkeit als Interessenvertreter für einen Dritten gegenüber der Bundesregierung oder im Bundestag“ zu verbieten. Zuvor hatte auch die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem „Zehn-Punkte-Plan für mehr Transparenz“ gefordert, „entgeltliche Lobbytätigkeiten neben dem Mandat wie beispielsweise die Politikberatung in Lobbyagenturen oder Unternehmen“ zu verbieten.
  • Die SPD fordert zudem, Parteispenden zu begrenzen auf 100.000 Euro pro Spender*in und bereits ab 2.000 Euro die Namen der Spender*innen zu veröffentlichen (bisher: ab 10.000 Euro).

Die Naturfreund*innen hatten sich schon Ende 2019 in ihrer Mitgliederzeitschrift „NaturfreundIn mit der „Macht der Lobby“ beschäftigt – auch mit dem Vorwurf, die größten Lobbyistinnen seien doch NGO. Im Heft auf Seite 10 ist auch ein Beitrag der Allianz, in dem Allianz-Vorstand Stefan Diefenbach-Trommer schreibt: „Ja, Umweltverbände sowie andere gemeinnützige Organisationen vertreten Interessen – und sollten das öfter sagen.“

Weitere Infos zum Lobbyregister und zu Regeln für Abgeordnete: