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Schlagwort: AO

Das „Jahressteuergesetz II“ ist da – und löst aktuell nur eins von vielen Gemeinnützigkeits-Problemen

Seit Mittwoch, den 10. Juli 2024 liegt der Referentenentwurf des Jahressteuergesetz II vor. Am 05. Juni 2024 hatte die Bundesregierung bereits den Entwurf des ersten Jahressteuergesetz beschlossen, dem folgte die Ankündigung, es solle ein zweites für „politisch brisante“ Themen folgen. Das Jahressteuergesetz I enthielt bereits einen Vorschlag zu Wohngemeinnützigkeit  – ließ aber die im Koalitionsvertrag angedachten Neuerungen der Gemeinnützigkeit vermissen. Der nun im Jahressteuergesetz II gemachte Vorschlag zum §58 ist erfreulicherweise präziser als die bisherigen Regelungen im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) und vor allem so auch gerichtsfest. Ansonsten ist der Entwurf aber nach monatelangen, intensiven Verhandlungen von sechs (!) Staatssekretär:innen erst einmal enttäuschend. Und vor allem deutlich weniger als das, was sich im Koalitionsvertrag vorgenommen wurde.

Anhörung zum Jahressteuergesetz 2020 im Finanzausschuss

In der öffentlichen Anhörung zum Jahressteuergesetz 2020 des Finanzausschuss des Bundestages am 26.10.2020 – anlässlich der Empfehlungen des Bundesrates und der Länder-Finanzminister*innen – wurde unter anderem das Thema Gemeinnützigkeit besprochen. Verschiedene geladene Sachverständige hatten sich bereits im Vorfeld im Rahmen ihrer schriftlichen Stellungnahmen dazu geäußert und konnten wichtige Fragen zu bestehenden Rechtsunsicherheiten zivilgesellschaftlicher Organisationen beantworten.

Auch wir als Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ haben in einer  unaufgeforderten Stellungnahme auf die Lücken im Gemeinnützigkeitsrecht hingewiesen. Darin begrüßen wir grundsätzlich die vom Bundesrat am 9.10.2020 vorgeschlagenen Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht, da sie vielen Organisationen mehr Rechtssicherheit bieten würden. Der Vorstoß des Bundesrates wäre aber zu kurz gegriffen, da er zu kurz greift. Es würden weiterhin die Klarstellung zur politischen Betätigung zum eigenen Zweck sowie bei Gelegenheit zu anderen gemeinnützigen Zwecken fehlen. Weiterhin weisen wir darauf hin, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Ausweitung des Zweckekatalogs zwar ein Schritt in die richtige Richtung sei, es aber eine weitere Ausweitung um die Zwecke der Förderung der Menschenrechte und Grundrechte, des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und der informationellen Selbstbestimmung benötige.

Bundestag debattiert Gemeinnützigkeit: Streichung Beweislastumkehr

Im Bundestag gab es erneut eine Debatte zur Gemeinnützigkeit. Die lebendige Debatte am 13. März streifte viele Aspekte und zeigte, dass die Abgeordneten nach und nach die Vielfalt zivilgesellschaftlicher Organisationen und ihre Probleme verstehen – aber auch, dass dieser Weg noch nicht zu Ende gegangen ist. Anlass war ein Antrag der Linkspartei. Sie will aus der Abgabenordnung die Beweislastumkehr streichen. Diese Umkehr gilt bisher, wenn eine gemeinnützige Organisation in einem Verfassungsschutzbericht als extremistisch aufgeführt wird. Diese Streichung fordert auch die Allianz. Der Antrag wird nun weiter im Finanzausschuss beraten.

Was das neue Attac-Urteil bedeutet

Die erneute Finanzgericht-Verhandlung über die Gemeinnützigkeit von Attac am 26. Februar 2020 hat unsere Kritik am fatalen und schlecht begründetem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt. Die Richter des Hessischen Finanzgerichts nannten mehrere Lücken und Unklarheiten des BFH-Urteils, mussten aber dessen restriktiver Auslegung der politischen Bildung folgen. Das Landesgericht konnte daher – anders als in November 2016 – die Gemeinnützigkeit von Attac nicht bestätigen.

Finanzgericht Hessen kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts zur Gemeinnützigkeit von Attac

  • Finanzgericht kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs
  • Engagement für Demokratie braucht Rechtssicherheit

Der vierte Senat des Hessischen Finanzgerichts hat heute die Klage von Attac auf Gemeinnützigkeit abgewiesen. Eine erneute Revision vor dem Bundesfinanzhof ist zugelassen und wahrscheinlich.

Genau ein Jahr zuvor hatte der Bundesfinanzhof (BFH) das vorhergehende Urteil des Finanzgerichts aufgehoben, aber nicht abschließend über die Gemeinnützigkeit von Attac entschieden. Der BFH hatte dem Landesgericht enge Vorgaben zur Interpretation des Zwecks der politischen Bildung gemacht, aber nicht zu anderen Zwecken. Der Vorsitzende des hessischen Senats, Helmut Lotzgeselle, kritisierte das BFH-Urteil unter anderem als mit heißer Nadel gestrickt. Eine mögliche erneute Revision gebe dem Bundesgericht die Gelegenheit, sich den Fragen politischer Einmischung durch gemeinnützige Organisationen umfassend und fundiert zu widmen.

Landesfinanzminister wollen neue Zwecke: Klimaschutz und Dorfverschönerung

Die 16 Landesfinanzminister haben sich am 26. September 2019 darauf geeinigt, dass Klimaschutz ein neuer gemeinnütziger Zweck werden soll. Sie fordern das Bundesfinanzministerium auf, dies und weitere Vorschläge in einen Gesetzesentwurf zu übernehmen, der noch bis Jahresende vom Bundestag beschlossen werden soll. Weitere neue gemeinnützige Zwecke sollen auch „Förderung der Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder Orientierung diskriminiert werden“ und die Förderung der Ortsverschönerung sein.

BUND präsentiert Gesetzesentwurf zur Gemeinnützigkeit

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), eines der mehr als 120 Mitglieder der Allianz, hat konkrete Formulierungen zur Änderung der Abgabenordnung vorgeschlagen. Den Gesetzesentwurf präsentierte der BUND am 21. Juni 2019. Mit den Änderungen soll abgesichert werden, „dass Organisationen, die außerhalb der Parlamente politische Anliegen verfolgen, steuerrechtlich gefördert werden“. Damit nimmt der BUND Forderungen der Allianz und Debatten innerhalb der Allianz auf. Sein Gesetzesentwurf ist eine spannende Anregung für die Debatte.

Antworten zu Folgen des Attac-Urteils für zivilgesellschaftliches Engagement

Das Urteil des Bundesfinanzhofs zu Attac hat Auswirkungen auf tausende Vereine und Stiftungen, auf das Engagement von zigtausend Menschen darin. Deshalb sind viele Organisationen in großer Unruhe. Das Urteil beschränkt jetzt schon den zivilgesell­schaftlichen Handlungsspielraum. In vielen Vereinsvorständen wird diskutiert, ob ein Teil des Engagements eingestellt werden sollte. Hier gibt es dazu Antworten.

Finanzamt-Studie: Gemeinnützigkeitsrecht muss verbessert werden

(Direkt zum Download der Studie: PDF, 3 Megabyte)
Konflikte zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Finanzämtern um die Gemeinnützigkeit sind keine Einzelfälle, wie immer wieder behauptet wird. Zu politischer Einmischung, zum Schutz der Menschenrechte oder für mehr Demokratie ist die Abgabenordnung als zugrunde liegendes Gesetz nicht eindeutig und führt deshalb zu völlig verschiedenen Ergebnissen.  Das belegt die Finanzamt-Studie mit dem Titel „Engagiert Euch – nicht? Wie das Gemeinnützigkeitsrecht politisches Engagement behindert“, die die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ mit Unterstützung der Otto Brenner Stiftung durchgeführt hat. Je ein Drittel aller zuständigen Finanzämter wurde mit jeweils identischen Satzungen angeschrieben. Die Hälfte der Antworten bestätigte die Gemeinnützigkeit, die andere Hälfte nicht. Je deutlicher die politische Einmischung war, desto geringer die Anerkennungsquote – aber nie so gering, dass die anerkennenden Finanzämter eine Minderheit gewesen wären.