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Schlagwort: BFH

Zehn Jahre ohne Gemeinnützigkeit: Attac kämpft weiter

Pressemitteilung von Attac Deutschland mit Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

  • Demokratische Zivilgesellschaft darf nicht weiter behindert werden
  • Von Ampel-Koalition versprochene Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts steht noch aus
  • Vor zehn Jahren strich das Finanzamt Frankfurt Attac den Gemeinnützigkeits-Status

Zehn Jahre ist es am kommenden Sonntag (14.4.2024) her, dass Attac Deutschland die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde. Das globalisierungskritische Netzwerk agiere zu politisch, begründete das Finanzamt Frankfurt seinen Bescheid vom 14. April 2014. Insbesondere der Einsatz für eine Regulierung der Finanzmärkte, eine Finanztransaktionssteuer – immerhin die Gründungsforderung von Attac – oder eine Vermögensabgabe seien nicht gemeinnützig, hieß es in dem Schreiben.

Seitdem wehrt sich Attac gegen die Aberkennung seiner Gemeinnützigkeit – juristisch und politisch. Die Auseinandersetzung erfuhr dabei von Beginn an große öffentliche Aufmerksamkeit. Denn der „Fall Attac“ hat nicht nur Bedeutung für das Netzwerk selbst, sondern beeinträchtigt auch die gesamte demokratische Zivilgesellschaft.

innn.it e.V. gewinnt vor Finanzgericht – Vier Jahre Zitterpartie

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Gemeinnützigkeits-Klage des innn.it-Vereins (ehemals Change.org-Verein)

  • Finanzgericht Berlin-Brandenburg gibt innn.it e.V Recht
  • Nicht jeder Verein hat Kraft für Streit um Gemeinnützigkeit
  • Ampel muss endlich Vereinbarung umsetzen und Gemeinnützigkeitsrecht modernisieren

Im Februar 2019 hatte die Petitions- und Kampagnenplattform innn.it (damals als Change.org-Verein) ihre Steuererklärung für die Jahre 2016 und 2017 eingereicht. Das Finanzamt Berlin verweigerte der „tatsächlichen Geschäftsführung“ des Vereins die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Nach Bescheiden und Widersprüchen verhandelte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg am 14.11.2023 in Cottbus die Klage von innn.it (Aktenzeichen 8 K 81298/22). innn.it teilte heute (15.11.2023) mit, dass das Finanzgericht der Klage des Vereins stattgegeben habe. Die schriftliche Urteilsbegründung wurde am 16.1.2024 veröffentlicht – siehe auch Pressemitteilung des Gerichts.
In der Verhandlung ging es insbesondere um die Auslegung des Zwecks „Förderung des demokratischen Staatswesens“, Unmittelbarkeit und der Abgrenzung von Partikularinteressen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Eventuell wird die Finanzverwaltung in einer Revision vom Bundesfinanzhof fordern, den Zweck der Förderung des demokratischen Staatswesens erstmals umfassend auszulegen. Die Urteilsbegründung ging dem Verein einige Tage später zu.

BFH-Beschluss zeigt Rechtsunsicherheit auf

Zum heute veröffentlichten Beschluss des Bundesfinanzhof zur allgemeinpolitischen Betätigung im Rahmen eines steuerbegünstigten Zwecks erklärt Annika Schmidt-Ehry, leitende Referentin der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“:

„Der Beschluss zeigt erneut, dass es gesetzliche Klarstellung im Gemeinnützigkeitsrecht braucht. Es ist gut, dass die Zulässigkeit politischer Mittel zur Verfolgung gemeinnütziger Zwecke hervorgehoben wird. Der Verweis auf das Kriterium der ‚geistigen Offenheit‘ verstärkt aber nur die Rechtsunsicherheit für Vereine, Verbände und Stiftungen. SPD, Grüne und FDP haben jetzt die Möglichkeit im Koalitionsvertrag die Weichen zu stellen, um die Rechtsunsicherheiten im Gemeinnützigkeitsrecht zu schließen.“

Neue Attac-Entscheidung des BFH: Gemeinnützigkeitsrecht darf nicht Grundrechte beschränken

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur neuen Attac-Entscheidung des Bundesfinanzhofes

  • Bundesfinanzhof versäumt Gelegenheit zur Korrektur seines Attac-Urteils
  • Verfassungsgericht wird nötige Klarstellungen hoffentlich nachholen: Gemeinnützigkeitsrecht darf nicht Grundrechte beschränken
  • Nötig sind politische Entscheidungen zu Freiraum für Zivilgesellschaft

Zum heute veröffentlichten Beschluss des Bundesfinanzhofs zur Gemeinnützigkeit des globalisierungskritischen Netzwerks Attac erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Vereinen und Stiftungen:

„Das Attac-Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vor zwei Jahren hat die Zivilgesellschaft erschüttert und lässt weiterhin tausende Vereine und Stiftungen um ihren Status der Gemeinnützigkeit bangen. Mit seiner neuen Entscheidung hat das Bundesgericht die Chance versäumt, sein Urteil zu korrigieren oder besser zu erklären. Offenbar ist der gesellschaftspolitische Streit um die Funktionen zivilgesellschaftlicher Organisationen juristisch nur schwer zu klären, auch wenn Attac nun Verfassungsbeschwerde einlegt. Nötig wären politische Entscheidungen für den dringend nötigen Freiraum für zivilgesellschaftliches Engagement in einer modernen Demokratie.

Rechtsgutachten zeigt große Spielräume für politische Betätigung

Es gibt keine verfassungsrechtlichen Grenzen für die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen zugunsten ihrer Zwecke. Auch die Aufnahme politischer Willensbildung als eigener Zweck ins Gesetz ist möglich. Eine Gleichbehandlung zivilgesellschaftlicher Organisationen mit Parteien ist verfassungswidrig, da zwischen ihnen markante Unterschiede bestehen, etwa die Teilnahme an Wahlen. Bundestag und Bundesrat haben also erhebliche Spielräume, das Gemeinnützigkeitsrecht zu erweitern – wenn sie wollen. Das sind Ergebnisse eines Rechtsgutachtens, das die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) am 2. Mai 2020 veröffentlicht hat. Darin hat Prof. Dr. Sebastian Unger, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Wirtschafts- und Steuerrecht an der Ruhr-Universität Bochum, die „Politische Betätigung gemeinnütziger Körperschaften“ untersucht.

Was das neue Attac-Urteil bedeutet

Die erneute Finanzgericht-Verhandlung über die Gemeinnützigkeit von Attac am 26. Februar 2020 hat unsere Kritik am fatalen und schlecht begründetem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt. Die Richter des Hessischen Finanzgerichts nannten mehrere Lücken und Unklarheiten des BFH-Urteils, mussten aber dessen restriktiver Auslegung der politischen Bildung folgen. Das Landesgericht konnte daher – anders als in November 2016 – die Gemeinnützigkeit von Attac nicht bestätigen.

Finanzgericht Hessen kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts zur Gemeinnützigkeit von Attac

  • Finanzgericht kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs
  • Engagement für Demokratie braucht Rechtssicherheit

Der vierte Senat des Hessischen Finanzgerichts hat heute die Klage von Attac auf Gemeinnützigkeit abgewiesen. Eine erneute Revision vor dem Bundesfinanzhof ist zugelassen und wahrscheinlich.

Genau ein Jahr zuvor hatte der Bundesfinanzhof (BFH) das vorhergehende Urteil des Finanzgerichts aufgehoben, aber nicht abschließend über die Gemeinnützigkeit von Attac entschieden. Der BFH hatte dem Landesgericht enge Vorgaben zur Interpretation des Zwecks der politischen Bildung gemacht, aber nicht zu anderen Zwecken. Der Vorsitzende des hessischen Senats, Helmut Lotzgeselle, kritisierte das BFH-Urteil unter anderem als mit heißer Nadel gestrickt. Eine mögliche erneute Revision gebe dem Bundesgericht die Gelegenheit, sich den Fragen politischer Einmischung durch gemeinnützige Organisationen umfassend und fundiert zu widmen.

26.2.: Finanzgericht Hessen verhandelt erneut Gemeinnützigkeit von Attac

Exakt ein Jahr, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) sein Attac-Urteil veröffentlichte, verhandelt am Mittwoch, 26. Februar, das Hessische Finanzgericht in Kassel erneut über die Gemeinnützigkeit von Attac. Denn das Verfahren war mit dem BFH-Urteil nicht abgeschlossen. Attac befindet sich nun seit sechs Jahren in einem unklaren Zustand. Die grundsätzliche Entscheidung zur Gemeinnützigkeit hatte große Verunsicherung in zivilgesellschaftlichen Organisationen verursacht und hektische, aber bisher ergebnislose Aktivitäten in Parteien und Regierungen ausgelöst.

Kulturzentrum in Ludwigsburg verliert Gemeinnützigkeit

Gemeinsame Pressemitteilung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ und des Demokratischen Zentrums Ludwigsburg – Verein für politische und kulturelle Bildung (DemoZ)

  • Kleiner Verein in Baden-Württemberg verliert Gemeinnützigkeit
  • Finanzamt orientiert sich an Attac-Urteil: „zu politisch“
  • „Ohne Gemeinnützigkeit sind wir in unserer Existenz bedroht“
  • Bundestag muss Rechtssicherheit schaffen

Das Attac-Urteil wirkt auch auf kleine Vereine: Das örtliche Finanzamt hat dem soziokulturellen Zentrum „Demokratisches Zentrum Ludwigsburg – Verein für politische und kulturelle Bildung“ (DemoZ) aus Baden-Württemberg am 24. Oktober 2019 die Gemeinnützigkeit aberkannt. Das gab der Verein am Montag während einer Pressekonferenz in Stuttgart bekannt. „Seit 40 Jahren bietet das DemoZ einen für alle Menschen offenen sozialen Treffpunkt mit zahlreichen Kultur- und Politikangeboten. Ohne den Status der Gemeinnützigkeit sind wir in unserer Existenz bedroht“, erklärte Yvonne Kratz, Vorstandsmitglied des DemoZ. „Für das kulturelle Leben in der Stadt ist ein vielfältiges, für alle zugängliches Programm entscheidend. Dazu trägt das DemoZ durch das meist kostenlose Programm bei. Der Wegfall eines solchen Zentrums ist ein fatales Zeichen für die kulturelle und soziale Entwicklung.“

Campact-Fall zeigt, dass Zwecke im Gesetz fehlen

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

Zur heutigen Mitteilung von Campact, dass das Finanzamt dem Verein den Status der Gemeinnützigkeit aberkannt hat, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 130 Vereinen und Stiftungen:

„Der Fall Campact zeigt, dass die Sorge tausender Vereine und Stiftungen seit dem Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) berechtigt ist. Der Bundestag muss zügig Rechtssicherheit schaffen und das gemeinnützige Engagement für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit absichern. Der Gesetzgeber muss eindeutig sagen, welche Zwecke er für förderwürdig hält. Dazu müssen Demokratie und Grundrechte gehören.