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Schlagwort: Bundesfinanzhof

Attac-Urteil trifft weitere Vereine

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

  • Attac-Urteil trifft nun weitere Vereine
  • Bundestag muss Engagement mit Klarstellungen schützen
  • Große Probleme für kleine Vereine

Das Attac-Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) zur Gemeinnützigkeit hat Auswirkungen auf weitere Vereine. Einem kleinen soziokulturellen Zentrum droht die Aberkennung der Gemeinnützigkeit, nachdem das Bundesfinanzministerium das Attac-Urteil amtlich im Bundessteuerblatt veröffentlicht hatte. Das zuständige Finanzamt droht dem örtlichen Verein nach der turnusmäßigen Prüfung der „tatsächlichen Geschäftsführung“ an, die Gemeinnützigkeit nicht zu bestätigen, und bezieht sich ausdrücklich auf das Attac-Urteil.

Analyse des Attac-Urteils

Das Attac-Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) betrifft tausende Stiftungen und Verei­ne. Es ist ein wenig hilfreiches Urteil: Es bildet nicht die gesellschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte ab. Der BFH argumentiert an einigen Stellen wenig über­zeugend. Einige Schlüsse werden gar nicht begründet. Die Richter*innen haben die Chance verpasst, den Begriff des politischen Engagements neu zu definieren und frü­here verwirrende BFH-Aussagen zu politischen Zwecken zu korrigieren. Stattdessen haben sie sich auf BFH- und Verfassungsgerichts-Urteile zum Parteienrecht aus den 1960-er und 1980-er Jahren zurückgezogen.

Das Urteil im Fall Attac hat zwei Ebenen. Auf einer Meta-Ebene, auch zwischen den Zeilen, erklärt es politische Einmischung als etwas, was nicht zur Gemeinnützigkeit gehört, was nur ausnahmsweise zulässig ist. Damit wirkt das Urteil entpolitisierend und begrenzend. Die Richter*innen unterstellen, dass eine politische Einmischung stets mit einer Partei verbunden sei. Auf einer konkreten Ebene wird der gemeinnützi­ge Zweck der (politischen) Bildung sehr einschränkend interpretiert. Diese Beschrän­kung betrifft nicht alle Zwecke.

Antworten zu Folgen des Attac-Urteils für zivilgesellschaftliches Engagement

Das Urteil des Bundesfinanzhofs zu Attac hat Auswirkungen auf tausende Vereine und Stiftungen, auf das Engagement von zigtausend Menschen darin. Deshalb sind viele Organisationen in großer Unruhe. Das Urteil beschränkt jetzt schon den zivilgesell­schaftlichen Handlungsspielraum. In vielen Vereinsvorständen wird diskutiert, ob ein Teil des Engagements eingestellt werden sollte. Hier gibt es dazu Antworten.

Auswirkungen des Attac-Urteils auf zivilgesellschaftliches Engagement

Das Urteil des Bundesfinanzhofs zu Attac hat Auswirkungen auf tausende Vereine und Stiftungen, auf das Engagement von zigtausend Menschen darin. Deshalb sind viele Organisationen in großer Unruhe. Das Urteil beschränkt den zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum. In vielen Vereinsvorständen wird jetzt diskutiert, ob ein Teil des Engagements eingestellt werden sollte. Entsprechend umfangreich wird quer durch alle Zeitungen und Medien zu diesem Urteil berichtet und kommentiert. Einige Kommentare halten das Urteil für richtig und begrüßen, dass sich einmischenden Organisationen ein Riegel vorgeschoben wird. Viele andere fordern politisches Handeln, um Handlungsspielräume zu öffnen. Eine Position dazwischen ist, für sich politisch einmischende Vereine, die keine Parteien sind, besondere Regeln zu schaffen.

Erschreckende Äußerungen aus CDU/CSU zu zivilgesellschaftlichem Engagement

Die Reaktion einzelner Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf das BFH-Urteil zur Gemeinnützigkeit von Attac ist erschreckend. Man mag die BFH-Entscheidung zur Klärung der Rechtslage begrüßen, doch diese Aussagen lesen sich wie eine hämische Attacke auf missliebige Organisationen. Sie gefährden damit den demokratischen Zusammenhalt.

Bundestag muss neue Zwecke ins Gesetz schreiben

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur BFH-Entscheidung im Fall Attac

Zum heute vom Bundesfinanzhof bekanntgegebenen Urteil zur Gemeinnützigkeit von Attac erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen:

„Der Bundestag muss den Handlungsspielraum zivilgesellschaftlicher Organisationen sichern und zügig neue gemeinnützige Zwecke ins Gesetz schreiben. Menschen schließen sich zusammen, um sich selbstlos außerhalb von Parteien und Profitinteresse für Demokratie und Gesellschaft zu engagieren. Dieses Engagement für Umweltschutz oder Gerechtigkeit mag manchmal nerven, aber führt zu besseren Entscheidungen, weil dadurch sonst ungehörte Stimmen in die politische Willensbildung einfließen.

Finanzministerium ignoriert Bundesfinanzhof

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

Ministerium setzt BFH-Urteile nur selektiv im Anwendungserlass um / Politik zu Lasten zivilgesellschaftlicher Organisationen und der öffentlichen Debatte

Das Bundesfinanzministerium hat zu Fragen der Gemeinnützigkeit den Anwendungserlass zur Abgabenordnung umfassend ergänzt (BMF-Schreiben vom 31.1.2019). Insgesamt werden dabei zivilgesellschaftliche Organisationen eher mit Detail-Regulierungen belastet als dass ihnen Klarheit und Freiräume geschaffen werden. Auffällig ist, dass das Ministerium Urteile des Bundesfinanzhofs nur selektiv umsetzt.

Dazu erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen:

„Das Bundesfinanzministerium weigert sich, gegenüber Finanzämtern und engagierten Bürgern klarzustellen, dass Vereine und Stiftungen ihre gemeinnützigen Zwecke auch mit politischen Mitteln verfolgen können.

Stand der Gemeinnützigkeit von Attac: Entscheidung Anfang 2019

Der Bundesfinanzhof wird Anfang 2019 über die Revision im Fall Attac entscheiden. Bis dahin ist Attac formell weiter nicht gemeinnützig. Zuvor hatte das Hessische Finanzgericht die Gemeinnützigkeit bestätigt. Die Revision wurde auf Betreiben des Bundesfinanzministeriums eingelegt. Während der Hamburger Tage des Stiftungs- und Non-Profit-Rechts Anfang November 2018 erklärte der Vorsitzende Richter des zuständigen Senats, das Revisions-Urteil ergehe Anfang 2019. Den aktuellen Stand zum Gemeinnützigkeits-Verfahren von Attac und die wichtigsten Texte dazu haben wir hier zusammengestellt: http://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/attac/

BFH: Attac-Verfahren geht ins fünfte Jahr

Vor mehr als einem Jahr hatte das Hessische Finanzgericht Attac für gemeinnützig erklärt. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) der Beschwerde des Finanzamtes stattgegeben. Dies bedeutet, dass ein Revisionsverfahren stattfindet und Attac weiterhin nicht rechtskräftig als gemeinnützig anerkannt ist. BFH-Revisionen dauern durchschnittlich 18 Monate. Die Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit von Attac geht damit ins fünfte Jahr.

Den Schaden haben vor allem die Mitglieder und Unterstützer des globalisierungskritischen Netzwerks, die ihre selbstlosen Spenden nicht von der Steuer absetzen können – anders als politisch wirksame Beiträge an Parteien, Gewerkschaften oder Berufsverbände wie den Bundesverband der Deutschen Industrie. Auch andere gemeinnützige Organisationen nehmen selbstverständlich steuerbegünstigt Einfluss auf die politische Willensbildung, zum Beispiel die „Stiftung Familienunternehmen“.

Über den Unterschied zwischen politischer Bildung und politischer Willensbildung

Warum soll der Bundesfinanzhof das Gemeinnützigkeits-Urteil zugunsten von Attac in einer Revision verhandeln? Die im Juli 2017 vorgelegte Begründung dafür gleicht einem Orakel, das sehr interpretationsbedürftig ist. Dies fängt an bei der unklaren Autorenschaft: Wurden die 13 Seiten im Finanzamt Frankfurt geschrieben oder im Bundesfinanzministerium? Wir gehen mal vom Ministerium aus, da es im Mai 2017 angeordnet hatte, die Beschwerde einzulegen.
Postuliert hatte das Ministerium damals, dass es um die Abgrenzung von allgemeinpolitischer zu gemeinnütziger Betätigung gehe, schreibt u.a. die Hessische Landesregierung in einer Antwort auf eine kleine Anfrage im Landtag (Drucksache 19/5098 vom 31. Juli 2017). Doch in der eingereichten Begründung geht es letztlich nur um Möglichkeiten und Grenzen politischer Bildung (als Unterpunkt des gemeinnützigen Zwecks „Volksbildung“) sowie um die Frage, ob in Satzungen die Zwecke wörtlich aus dem Gesetz abgeschrieben werden müssen. Es geht überraschenderweise überhaupt nicht um die Auslegung des Zwecks „Förderung des demokratischen Staatswesens“, der eine wichtige Grundlage des Urteils ist, das mit der Beschwerde angegriffen wird.