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Schlagwort: Bundestag

Bundestag verzichtet auf Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Verabschiedung des Steuerfortentwicklungsgesetzes (SteFeG) ohne Gemeinnützigkeit

  • Vereinbarte Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts landet im parlamentarischen Mülleimer
  • Steuergesetz wird ohne Reform Gemeinnützigkeit verabschiedet
  • Seit Jahren keine parlamentarische Mehrheit für sicheren Rechtsrahmen der Zivilgesellschaft – trotz EU-Rügen

Zur für heute Nachmittag (15:50 Uhr) im Bundestag geplanten Verabschiedung des geschrumpften Steuerfortentwicklungsgesetzes (SteFeG) – Zusatzpunkt 11, Drucksache 20/12778 – erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von 200 Vereinen und Stiftungen:

„Die drei Ampel-Parteien hatten sich vor drei Jahren mit konkreten Formulierungen im Koalitionsvertrag auf eine Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts geeinigt: Neue Zwecke, Rechtssicherheit für politische Einmischung und mehr. Dieses Fortschrittsversprechen landet heute in der parlamentarischen Mülltonne.

Bürokratie-Entlastung für zivilgesellschaftliches Engagement

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich am 18. Dezember 2024 mit der Bürokratie-Belastung für zivilgesellschaftliches Engagement beschäftigt. Anlass war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Engagement fördern, Ehrenamt stärken, Vereine entlasten – Bürokratie in der Ehrenamts- und Vereinsarbeit abbauen“ (Drucksache 20/12928). Zu den geladenen neun Sachverständigen gehörte auch Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“. Er wies unter anderem darauf hin, dass es im Gemeinnützigkeitsrecht Hürden für das Engagement gibt und dass Zivilgesellschaft von verschiedenen, nicht koordinierten Rechtsbereichen betroffen ist. Er erklärte auch, dass in autoritären Regimes bürokratische Anforderungen gezielt genutzt werden, um den Handlungsraum der Zivilgesellschaft zu beschränken. Eine Transparenz über solche Belastungen könne daher den Verdacht ausräumen, dass dies in Deutschland geschehe.

Das „Jahressteuergesetz II“ ist da – und löst aktuell nur eins von vielen Gemeinnützigkeits-Problemen

Seit Mittwoch, den 10. Juli 2024 liegt der Referentenentwurf des Jahressteuergesetz II vor. Am 05. Juni 2024 hatte die Bundesregierung bereits den Entwurf des ersten Jahressteuergesetz beschlossen, dem folgte die Ankündigung, es solle ein zweites für „politisch brisante“ Themen folgen. Das Jahressteuergesetz I enthielt bereits einen Vorschlag zu Wohngemeinnützigkeit  – ließ aber die im Koalitionsvertrag angedachten Neuerungen der Gemeinnützigkeit vermissen. Der nun im Jahressteuergesetz II gemachte Vorschlag zum §58 ist erfreulicherweise präziser als die bisherigen Regelungen im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) und vor allem so auch gerichtsfest. Ansonsten ist der Entwurf aber nach monatelangen, intensiven Verhandlungen von sechs (!) Staatssekretär:innen erst einmal enttäuschend. Und vor allem deutlich weniger als das, was sich im Koalitionsvertrag vorgenommen wurde.

Fortschritte bei Demokratiepolitik, aber nicht bei Gemeinnützigkeitsrecht

Die Koalition aus SPD, Bündnis 90/Grüne und FDP ist bei demokratiepolitischen Vorhaben in den vergangenen Monaten gut voran gekommen – anders, als es oft wahrgenommen wird. Im vergangenen Jahr gab es dazu einige im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetzesänderungen. Regierung und Bundestag haben einiges abgearbeitet, aber kaum verknüpft. Eher unwahrscheinlich scheint, dass der Koalition bewusst war, dass sich diese Gesetzgebungen auf einem demokratiepolitischen Faden aufreihen.

Die ebenfalls vereinbarte, aber noch ausstehende Modernisierung der Gemeinnützigkeit sollte sich allerdings einreihen. Neben vielen kleinen Reparaturen und Wartungsarbeiten geht es bei der Modernisierung um demokratiepolitische Fragen, um die Funktion zivilgesellschaftlicher Organisation in der Demokratie, bei der Verteidigung von Menschenrechten, beim Schutz des Rechtsstaats. Welche Rolle will der Staat der Zivilgesellschaft zuschreiben? Was will er ermöglichen, was ausbremsen? Welche Kontrollen oder Begrenzungen sind vielleicht nötig, um andererseits Vertrauen zu schaffen?

Lobbyregister wird genauer, Ungleichbehandlung bleibt

In den nächsten Wochen wird der Bundestag Veränderungen zum Lobbyregister beschließen. Am 19. September findet dazu eine öffentliche Anhörung statt. Die Änderungen sollen zu Jahresbeginn 2024 gelten. Die von den Koalitionsfraktionen geplanten Änderungen machen einiges klarer und präziser. Relevante Spenden und Mitgliedsbeiträge müssen samt ihrer Herkunft offengelegt werden. Noch wichtiger ist, dass nun dargestellt werden muss, was die Hauptstränge der Finanzierung sind, etwa Spenden, Beiträge, öffentliche Zuschüsse oder wirtschaftliche Betätigung. Es bleibt eine Benachteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen, die selbstlos als (Themen-)Anwält:innen auftreten, gegenüber gegenüber Agenturen oder Berufsverbänden, die nicht ihre gesamte Finanzie­rungsstruktur offenlegen müssen.

Demokratiefördergesetz auf dem Weg

Die Bundesregierung hat am 14. Dezember 2022 den Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung (Demokratiefördergesetz – DFördG)“ beschlossen. Der Bundesrat hat am 10. Februar 2023 seine Stellungnahme zum Demokratiefördergesetz abgegeben. Jetzt muss die Bundesregierung noch auf die Stellungnahme reagieren. Dann geht das gesamte Paket in den Bundestag. Der Bundesrat muss nicht zustimmen und hat keine Einspruchsrechte. Voraussichtlich wird das Gesetz im März im Bundestag beraten und bis zum Sommer 2023 beschlossen.

Jahressteuergesetz 2020 – das ändert sich

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 kommen zahlreiche Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht. Der Bundestag hat das Gesetz am 16.12.2020 beschlossen, der Bundesrat hat am 18.12.2020 zugestimmt. Die Änderungen der Abgabenordnung, wie z.B. das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, gelten seit dem 28.12.2020 (Tag der Verkündung). Änderungen wie die Anhebung der Übungsleiterpauschale gelten seit dem 1.1.2021.

Die Änderungen bringen viele Erleichterungen und Verbesserungen, aber lösen noch lange nicht alle Probleme. Auf der Positivseite stehen unter anderem fünfeinhalb neue Zwecke, darunter Klimaschutz und die Hilfe gegen Diskriminierung wegen geschlechtlicher Orientierung/Identität. Es fehlen weitere neue Zwecke wie Förderung der Menschenrechte. Es fehlt auch eine gesetzliche Klarstellung zur politischen Betätigung für gemeinnützige Zwecke. Die Fraktion von CDU/CSU war der Meinung, die Klarstellung sei unnötig, weil solche Tätigkeiten problemlos möglich seien. Die Praxis jedoch zeigt große Verunsicherung und auch Beschränkungen durch Finanzämter.

Hier eine Übersicht der Änderungen und der noch ausstehenden Änderungen. Diese Übersicht stellt keine rechtliche Beratung dar.

Petition: Engagement gegen Rassismus ist gemeinnützig

Wer antirassistisches Engagement fördern möchte, muss dafür passende Zwecke in der Abgabenordnung schaffen. Wenn der Staat Engagement gegen Rassismus und Rechtsextremismus mit Förderprogrammen wie „Demokratie leben!“ und „Zusammenhalt durch Teilhabe“ unterstützt, muss er auch die Grundlage für dieses Engagement schaffen.

Mit der Petition „Engagement gegen Rassismus ist gemeinnützig: Der Bundestag muss dies garantieren!“ weisen wir gemeinsam mit 27 Organisationen, die sich tagtäglich gegen Rassismus engagieren, auf diese klaffende Lücke im Gemeinnützigkeitsrecht hin.

Bitte unterschreiben und teilen auch Sie. Je mehr Menschen unterschreiben, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Anliegen Gehör findet. Das gilt ganz besonders jetzt. Denn nachdem verschiedene Sachverständige im Rahmen der Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages noch einmal auf bestehende Lücken im Gemeinnützigkeitsrecht hingewiesen haben und sich für eine Reform ausgesprochen haben, besteht innerhalb der Koalitionsfraktionen viel Beratungsbedarf. Nicht nur aber auch zu Gemeinnützigkeit.

Nach aktuellem Stand (10.11.2020) soll das Jahressteuergesetz in der Woche vom 16. November 2020 verabschiedet werden. Ob mit oder ohne Verbesserungen im Gemeinnützigkeitsrecht, wird sich noch zeigen. Wichtig ist jetzt die öffentliche Debatte zu nutzen, um auf die Lücken hinzuweisen.

Dachverbände legen gemeinsame Forderungen zum Gemeinnützigkeitsrecht vor

Gemeinsame Pressemitteilung von 12 Dachverbänden und Netzwerken: Demokratie lebt von der Stärke ihrer Zivilgesellschaft

Mit einem gemeinsamen Statement haben zwölf Dachverbände und Netzwerke aus unterschiedlichen Bereichen unserer Gesellschaft auf die Notwendigkeit einer Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts hingewiesen. „Unsere Mitglieder stiften Gemeinschaft, fördern das Zusammenleben und geben immer wieder kritische Impulse für die gesellschaftliche Weiterentwicklung. Die im Rahmen des Jahressteuergesetzes angestoßenen Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht machen die Arbeit vieler gemeinnütziger Vereine und Stiftungen einfacher. Doch die Vorschläge sind nicht ausreichend und schaffen nicht die notwendige Rechtssicherheit“, so die Position der beteiligten Organisationen.