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Schlagwort: Bundestag

Bundestag: Grüner Antrag zu Gemeinnützigkeit abgelehnt

„Das Gemeinnützigkeitsrecht bedarf der Anpassung und Modernisierung, um eine angemessene Rechtssicherheit und die Gleichbehandlung verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteure sicherzustellen“ – das wollten CDU, CSU und SPD nicht beschließen. Mit ihrer Mehrheit lehnten sie im Finanzausschuss des Bundestages einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab, obwohl es dringenden Änderungsbedarf gibt. Die Fraktion der Linkspartei enthielt sich. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte mit einem Antrag unter anderem erreichen wollen, dass weitere gemeinnützige Zwecke ins Gesetz aufgenommen werden und dass gemeinnützige Organisationen sich ohne Angst vor dem Finanzamt zu politischen Themen äußern können. Bei der Gelegenheit wurde auch die Aufnahme von Freifunk als gemeinnütziger Zweck abgelehnt, den der Bundesrat mit großer Mehrheit gefordert hatte.

Aktualisierung 30.6.2017: Bei der Schlussabstimmung im Bundestag am 29. Juni 2017 stimmten die Abgeordneten von CDU, CSU und SPD gegen den Antrag, die der Linkspartei enthielten sich. Im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stimmte die Linkspartei für den Antrag.

Es gibt keine steuerliche Trennlinie zwischen Politik und Gemeinnützigkeit

Die Auffassung des Bundesfinanzministeriums, dass es eine „steuerliche Trennlinie“ zwischen der Förderung gemeinnütziger Zwecke und politischer Betätigung gibt, ist falsch. Um das festzustellen, braucht es nicht erst ein weiteres Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH). Der BFH hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Entscheidungen der Finanzverwaltung aufgehoben, mit denen Finanzämter die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen unzulässig beschränkt hatten. Gemeinnützigkeits-Experten wie die Jura-Professoren Dr. Rainer Hüttemann (Universität Bonn) oder Dr. Birgit Weitemeyer (Bucerius Law School Hamburg) bestätigen, dass Gemeinnützige sich zur Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke politisch betätigen dürfen.

Beschwerde gegen Attac auf Weisung des Bundesfinanzministers

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ vom 18. Mai 2017

  • Bundesweisung zur Gemeinnützigkeit von Attac ist politisch motiviert
  • Politik muss Abgabenordnung klar formulieren

Zur Nachricht, dass das Frankfurter Finanzamt auf Weisung des Bundesfinanzministeriums gegen die erfolgreiche Klage von Attac auf Gemeinnützigkeit vorgeht, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.:

„Wenn der Bundesfinanzminister klären will, was gemeinnützig ist und was nicht, dann soll er für eine klar formulierte Abgabenordnung sorgen, damit der Streit darum nicht zu Lasten bürgerschaftlichen Engagements vor Gericht landet. Es ist eine politische Frage, wie Bundestag und Bundesregierung beurteilen, welche Rolle selbstlose Gruppen und Organisationen in einer liberalen Demokratie spielen. Was zum gemeinnützigen Zweck ‚Förderung des demokratischen Staatswesens‘ gehört, ist eine Grundsatzfrage. Die muss in der politischen Arena geklärt werden, nicht vor Gericht.“

„Bürgerschaftliches Engagement ist immer politisch“

… sagte Dr. Rolf Möhlenbrock, Unterabteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, am 22. März 2017 während einer Anhörung über Gemeinnützigkeit im Bundestags-Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“. Der Bundestag fasst die zweistündige Anhörung auf seiner Website so zusammen: „Experten: Steuerlicher Gemeinnützig­keits­ka­ta­log ist unvollständig.“ Außer Möhlenbrock waren als Experten geladen Stefan Diefenbach-Trommer für die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ und Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement.

(Aktualisierung 18. April 2017: Umfassendes Protokoll der Anhörung als PDF)

22. März: Gemeinnützigkeit erneut im Bundestag

Das Gemeinnützigkeits-Recht und seine Beschränkungen für selbstlos politisch tätige Organisationen sind erneut Thema im Bundestag. Am Mittwoch, 22. März 2017, lädt der Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement ab 17 Uhr zur öffentlichen Anhörung ins Paul-Löbe-Haus in Berlin. Die Abgeordneten hören dort zunächst Einführungen von

  • Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.,
  • Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) und
  • Rolf Möhlenbrock, Unterabteilungsleiter im Bundesfinanzministerium.

Einigkeit im Bundestag: Gemeinnützigkeitsrecht überprüfen

Der Bundestag hat uns ein Weihnachtsgeschenk gemacht: In einer Debatte über die Gemeinnützigkeit haben Sprecherinnen und Sprecher aller Fraktionen am vergangenen Donnerstagabend (15. Dezember 2016) angekündigt, das Gemeinnützigkeitsrecht und insbesondere den Zweck-Katalog überarbeiten zu wollen – auch die CDU/CSU, deren Finanzfachleute bisher noch nicht mit uns sprechen wollten. Die Vorschläge der Abgeordneten reichen von fraktionsübergreifender Verständigung über Debatte im Finanzausschuss bis Vertagung auf das Jahr 2018.

Mehrere Abgeordnete bekräftigten den wichtigen Beitrag des politischen Engagements in zivilgesellschaftlichen Organisationen für die Demokratie und thematisierten die unterschiedlichen Interpretationen der Finanzämter.

Donnerstag 15.12.2016, 18:25 Uhr: Bundestag debattiert Gemeinnützigkeit

Recht kurzfristig ist für kommenden Donnerstag (15. Dezember) nun im Bundestag die Debatte über die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Grünen zu Gemeinnützigkeit und politischer Willensbildung angesetzt. Die Debatte beginnt gegen 18:25 Uhr und soll 30 Minuten dauern. Sie ist auf der Bundestags-Website als Videostream zu verfolgen.

Nach dem Attac-Urteil am 10. November hatten unter anderem die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen Gesetzes-Änderungen gefordert, um Rechtssicherheit für Organisationen wie Attac zu schaffen. Die Fraktion von CDU/CSU hat sich dazu bisher nicht geäußert, wird es aber am Donnerstag tun müssen.

Bundesregierung ignoriert Regelungslücke

Noch einmal zur Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion zu Gemeinnützigkeit und politische Willensbildung: In der Regierung fehlen klare Zuständigkeiten zu diesem Engagement, deshalb kommt sie zu keinen oder unklaren Positionen.  Wenn die Regierung rumeiert, ist es Aufgabe des Parlaments, Klarheit zu fordern oder herzustellen. Dort muss die Debatte darüber stattfinden, welches bürgerschaftliche Engagement auf welche Weise gefördert oder geregelt werden soll. Das sollte nicht den Finanzämtern überlassen werden.

Diese Zusammenfassung gibt Stefan Diefenbach-Trommer für die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ im akutellen Newsletter des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE). Wegen der unklaren Positionen geglingt es der Regierung nicht zu begürnden, wo eine Trennlinie zwischen gemeinnützigen und politischen Organisationen verlaufen sollte. Sie trennt zu recht Parteien von gemeinnützigen Organisationen ab, denn Parteien und Wählergemeinschaften befinden sich im Wettbewerb um Stimmen. Sie ignoriert jedoch, dass ein Teil der „Vereinigungen bürgerschaftlichen Engagements“ aus dem Gemeinnützigkeitsrecht fallen, ohne sich im Wettbewerb mit Parteien zu befinden. Sie ignoriert, dass dadurch das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung behindert sein könnte.

Bundesregierung: politische Tätigkeiten können gemeinnützig sein

Über die Aufnahme weiterer gemeinnütziger Zwecke „findet derzeit ein Meinungsaustausch innerhalb der Bundesregierung statt, der bisher nicht abgeschlossen ist“ und verfassungsrechtlich ist es nicht verboten, politische Tätigkeiten als gemeinnützig zu definieren – das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Bundestagsfraktion die Grünen zu „möglichen Gefährdungen des gleichberechtigten Einflusses aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auf die politische Willensbildung und zu weiteren Punkten des Gemeinnützigkeits- und Vereinsrechts“. Die Grünen thematisierten darin die Probleme, die gemeinnützige Organisationen haben, die auf die Gesellschaft einwirken. (Mehr zu den Fragen hier.)

In großen Teilen ihrer Antwort bleibt die Regierung vage oder erklärt sich für nicht zuständig. Doch in den Antworten auf die 34 Fragen verstecken sich einige Hinweise. Dazu gehört, dass die Bundesregierung Notwendigkeiten aus Sicht der Verwaltung bewertet und dabei erklärt, dass es Gestaltungsspielraum gibt. Die Initiative dazu müsse aus dem Parlament kommen. Die Regierung spielt den Ball also ins politische Feld, wo er hin gehört, raus aus juristischen Strafräumen. Denn bei der Förderung gemeinnütziger Zwecke geht es um Wertentscheidungen.

6.6. in Berlin: Fachgespräch Gemeinnützigkeit im Bundestag

Am Montag, 6. Juni 2016, veranstaltet die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen ein öffentliches Fachgespräch zu Reformbedarf im Gemeinnützigkeitsrecht. Die Veranstaltung findet von 13 bis 16 Uhr im Bundestag statt und ist öffentlich, eine Anmeldung ist erforderlich.

Die Grünen flankieren mit dem Fachgespräch ihre Große Anfrage zu Gemeinnützigkeit und mehr. Im Fachgespräch geht es vor allem einerseits um die Abgrenzung zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Parteien, zwischen interessengeleiteter und selbstloser Lobbyarbeit und auch zwischen demokratischem Engagement und demokratiefeindlichen Organisationen; zum anderen geht es um Transparenzforderungen an gemeinnützige und andere politische Akteure, da vor allem um Stiftungen.

Als Fachpersonen sind eingeladen:

  • Stefan Diefenbach-Trommer, Koordinator der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“
  • Michael Sell, Leiter der Steuerabteilung im Bundesministerium der Finanzen
  • Michael Ernst-Pörksen,  Dipl. Volkswirt und Experte für Gemeinnützigkeitsrecht
  • Prof. Dr. Sophie Lenski, Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht, Medienrecht, Kunst- und Kulturrecht an der Universität Konstanz
  • Prof. Dr. Stephan Schauhoff, Fachanwalt für Steuerrecht, da vor allem für Gemeinnützigkeit, und Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen

Spannend wird vor allem die Auseinandersetzung mit Michael Sell vom Bundesfinanzministerium, denn seine Steuerabteilung ist der Auffassung, dass gemeinnützige und politische Zwecke zu unterscheiden seien. Wer sich politisch engagieren möchte, könne dies in Parteien und Wählergemeinschaften tun.