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Schlagwort: Engagementstrategie

Fortschritte bei Demokratiepolitik, aber nicht bei Gemeinnützigkeitsrecht

Die Koalition aus SPD, Bündnis 90/Grüne und FDP ist bei demokratiepolitischen Vorhaben in den vergangenen Monaten gut voran gekommen – anders, als es oft wahrgenommen wird. Im vergangenen Jahr gab es dazu einige im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetzesänderungen. Regierung und Bundestag haben einiges abgearbeitet, aber kaum verknüpft. Eher unwahrscheinlich scheint, dass der Koalition bewusst war, dass sich diese Gesetzgebungen auf einem demokratiepolitischen Faden aufreihen.

Die ebenfalls vereinbarte, aber noch ausstehende Modernisierung der Gemeinnützigkeit sollte sich allerdings einreihen. Neben vielen kleinen Reparaturen und Wartungsarbeiten geht es bei der Modernisierung um demokratiepolitische Fragen, um die Funktion zivilgesellschaftlicher Organisation in der Demokratie, bei der Verteidigung von Menschenrechten, beim Schutz des Rechtsstaats. Welche Rolle will der Staat der Zivilgesellschaft zuschreiben? Was will er ermöglichen, was ausbremsen? Welche Kontrollen oder Begrenzungen sind vielleicht nötig, um andererseits Vertrauen zu schaffen?

Impuls zur Engagementstrategie des Bundes

In der im Koalitionsvertrag vereinbarten Engagementstrategie des Bundes sollen sich Themen wiederfinden, „die Engagierte und ehrenamtlich Tätige in ihrem Alltag beschäftigen“; es soll um „einfache, unbürokratische und nachhaltige Rahmenbedingungen“ gehen, „um Engagement einfach und niedrigschwellig zu ermöglichen“, schreibt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Das Ministerium hat ein halb­es Jahr lang Ideen gesammelt, die jetzt sortiert werden, um daraus eine Strategie zu schreiben. Ab Mitte des Jahres 2024 soll ein Entwurf der Strategie innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und spätestens zum Jahresende beschlossen werden.

In unserem Impuls zur Engagementstrategie werfen wir einen grundsätzlichen Blick auf zivilgesellschaftli­ches Engagement und seine Verankerung in Gesetzen und fragen nach den strategi­schen Zielen:
Welche Impulse sollten in diese Richtung gesetzt werden, was sind lang­fristige Ziele für ein modernes Recht zivilgesellschaftlicher Organisationen, und welche offenen Fragen sollten zivilgesellschaftliches Engagement betreffend einmal gestellt werden? Wir schlagen diesmal nicht konkret vor, an welchen bestehenden Schrauben im Gesetz ein bisschen gedreht werden könnte, sondern öffnen den Raum für Gedanken, wie Engagement langfristig ausgeweitet, geschützt und verbessert werden könnte, wenn wir die richtigen Grundsatzfragen stellen.

Engagement für Wandel oder Wohltätigkeit – gemeinnützig ist beides

Der Furtwangener Soziologieprofessor Stefan Selke kritisiert in der Stuttgarter Zeitung vom 5. Juli 2016 die zunehmende öffentliche Engagementförderung. Durch das Fördersystem entstehe ein Druck zum Engagement, das letztlich staatliche Daseinsvorsorge ersetze. Das Engagement werde gesteuert und verfalle einer „makrtartigen Logik“. Er kritisiert insbesondere, „dass mit dem bürgerschaftlichen Engagement oftmals gesellschaftliche Verhältnisse vernachlässigt werden, die eigentlich politisch bearbeitet werden müssten.“ Die Politik suggeriere, dass sich Probleme lösen lassen, indem man sie dem lokalen Engagement von Freiwilligen anvertraut.