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Schlagwort: Finanzamt

Flüchtlingshilfe ist gemeinnützig und politisch

Gemeinnütziges Engagement ist politisch – eines der besten Beispiele dafür ist das aktuelle Engagement für Zuflucht suchende Menschen: Tausende engagieren sich für hier ankommende Flüchtende. Das ist zunächst klassisch gemeinnützig („Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge“), auch, wenn es außerhalb von Vereinen stattfindet. Doch das Motiv ist oft politisch. Und aus konkreter Hilfe entstehen schnell politische Forderung: Ob an die Arbeit einer Kommune oder einer Landesregierung oder auch zu gesetzlichen Regelungen für Flüchtende.

Wenn also eine beteiligte Organisation aus der Nothilfe heraus politische Forderungen stellt oder sich an der Debatte zu einer angemessenen Rechtslage beteiligt, läuft sie Gefahr, dass das zuständige Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkennt. Der Vorwurf würde lauten, die Organisation betätige sich zu politisch und greife in die Tagespolitik ein.

Wenn es beim Engagement (auch) darum geht, dass Flüchtende etwa wegen ihrer Hautfarbe ausgegrenzt oder benachteiligt werden, wird es mit der Gemeinnützigkeit ebenfalls schwierig – denn der Schutz und die Durchsetzung von Menschenrechten stehen derzeit nicht im Katalog gemeinnütziger Zwecke der Abgabenordnung.

Diese Beispiele zeigen, dass unsere Forderungen der politsichen und gesellschaftlichen Realität entsprechen.

Finanzamt Frankfurt entzieht Dona Carmen Gemeinnützigkeit

Das Finanzamt Frankfurt hat der Prostituiertenberatungsstelle Doña Carmen rückwirkend ab 2011 die Gemeinnützigkeit aberkannt und verlangt, dass der Verein sein Vermögen abführt. Dazu erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Koordinator der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“:

„Bund und Länder müssen das Gemeinnützigkeitsrecht ändern. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich selbstlos für die Allgemeinheit engagieren, können künftige Entscheidungen des Finanzamtes kaum vorhersagen und sind daher von Rechtsunsicherheit bedroht. Das Gesetz bildet heute nicht den gesellschaftlichen Konsens darüber ab, was gemeinnützig ist.

Nicht nur Einzelfälle

Politiker und Juristen meinen gelegentlich, es brauche keine Gesetzesänderung, weil es bei den Problemen mit der politischen Willensbildung nur um Einzelfälle gehe. Doch das ist ein Irrtum. Wir haben von vielen Vereinen gehört, die wegen angeblich zu politischer Betätigung Probleme mit ihrem Finanzamt haben. Oft wird der Vorwurf noch vor einer Klage ausgeräumt, doch die Vereine sind damit extrem belastet. Wir haben einige erste Fallbeispiele zusammengestellt. An der Darstellung weiterer Fälle bzw. ausführlicher Fassungen arbeiten wir. Gerne nehmen wir auch Hinweise entgegen.