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Schlagwort: Finanzgericht

innn.it e.V. gewinnt vor Finanzgericht – Vier Jahre Zitterpartie

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Gemeinnützigkeits-Klage des innn.it-Vereins (ehemals Change.org-Verein)

  • Finanzgericht Berlin-Brandenburg gibt innn.it e.V Recht
  • Nicht jeder Verein hat Kraft für Streit um Gemeinnützigkeit
  • Ampel muss endlich Vereinbarung umsetzen und Gemeinnützigkeitsrecht modernisieren

Im Februar 2019 hatte die Petitions- und Kampagnenplattform innn.it (damals als Change.org-Verein) ihre Steuererklärung für die Jahre 2016 und 2017 eingereicht. Das Finanzamt Berlin verweigerte der „tatsächlichen Geschäftsführung“ des Vereins die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Nach Bescheiden und Widersprüchen verhandelte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg am 14.11.2023 in Cottbus die Klage von innn.it (Aktenzeichen 8 K 81298/22). innn.it teilte heute (15.11.2023) mit, dass das Finanzgericht der Klage des Vereins stattgegeben habe. Die schriftliche Urteilsbegründung wurde am 16.1.2024 veröffentlicht – siehe auch Pressemitteilung des Gerichts.
In der Verhandlung ging es insbesondere um die Auslegung des Zwecks „Förderung des demokratischen Staatswesens“, Unmittelbarkeit und der Abgrenzung von Partikularinteressen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Eventuell wird die Finanzverwaltung in einer Revision vom Bundesfinanzhof fordern, den Zweck der Förderung des demokratischen Staatswesens erstmals umfassend auszulegen. Die Urteilsbegründung ging dem Verein einige Tage später zu.

Was das neue Attac-Urteil bedeutet

Die erneute Finanzgericht-Verhandlung über die Gemeinnützigkeit von Attac am 26. Februar 2020 hat unsere Kritik am fatalen und schlecht begründetem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt. Die Richter des Hessischen Finanzgerichts nannten mehrere Lücken und Unklarheiten des BFH-Urteils, mussten aber dessen restriktiver Auslegung der politischen Bildung folgen. Das Landesgericht konnte daher – anders als in November 2016 – die Gemeinnützigkeit von Attac nicht bestätigen.

Finanzgericht Hessen kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts zur Gemeinnützigkeit von Attac

  • Finanzgericht kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs
  • Engagement für Demokratie braucht Rechtssicherheit

Der vierte Senat des Hessischen Finanzgerichts hat heute die Klage von Attac auf Gemeinnützigkeit abgewiesen. Eine erneute Revision vor dem Bundesfinanzhof ist zugelassen und wahrscheinlich.

Genau ein Jahr zuvor hatte der Bundesfinanzhof (BFH) das vorhergehende Urteil des Finanzgerichts aufgehoben, aber nicht abschließend über die Gemeinnützigkeit von Attac entschieden. Der BFH hatte dem Landesgericht enge Vorgaben zur Interpretation des Zwecks der politischen Bildung gemacht, aber nicht zu anderen Zwecken. Der Vorsitzende des hessischen Senats, Helmut Lotzgeselle, kritisierte das BFH-Urteil unter anderem als mit heißer Nadel gestrickt. Eine mögliche erneute Revision gebe dem Bundesgericht die Gelegenheit, sich den Fragen politischer Einmischung durch gemeinnützige Organisationen umfassend und fundiert zu widmen.

26.2.: Finanzgericht Hessen verhandelt erneut Gemeinnützigkeit von Attac

Exakt ein Jahr, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) sein Attac-Urteil veröffentlichte, verhandelt am Mittwoch, 26. Februar, das Hessische Finanzgericht in Kassel erneut über die Gemeinnützigkeit von Attac. Denn das Verfahren war mit dem BFH-Urteil nicht abgeschlossen. Attac befindet sich nun seit sechs Jahren in einem unklaren Zustand. Die grundsätzliche Entscheidung zur Gemeinnützigkeit hatte große Verunsicherung in zivilgesellschaftlichen Organisationen verursacht und hektische, aber bisher ergebnislose Aktivitäten in Parteien und Regierungen ausgelöst.

BFH: Unterschied zwischen Parteien und Gemeinnützigen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat erneut bestätigt, dass politische Einflussnahme dazu dienen kann, gemeinnützige Zwecke zu verfolgen, und dass gemeinnützige Anliegen oft nur durch „Zwischenschritte“ wie die Einwirkung auf „politische Entscheidungsträger“ erreichbar sein können. Eine solche indirekte Verfolgung des Zwecks sei manchen Zwecken wie dem Umweltschutz sogar immanent. Diese politische Einflussnahme mache einen Verein noch nicht zu einem politischen Verein. Lediglich „das Betreiben oder Unterstützen von Parteipolitik ist immer gemeinnützigkeitsschädlich“.

Dieser BFH-Entscheidung folgend müsste das Bundesfinanzministerium dringend den Anwendungserlass zur Abgabenordnung anpassen, der den Finanzämtern andere Vorgaben macht. Ebenso müsste das Bundesfinanzministerium die Nichtzulassungsbeschwerde im Fall Attac stoppen – allerdings ist im Streit um Attac ein anderer Senat des BFH zuständig.

Es gibt keine steuerliche Trennlinie zwischen Politik und Gemeinnützigkeit

Die Auffassung des Bundesfinanzministeriums, dass es eine „steuerliche Trennlinie“ zwischen der Förderung gemeinnütziger Zwecke und politischer Betätigung gibt, ist falsch. Um das festzustellen, braucht es nicht erst ein weiteres Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH). Der BFH hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Entscheidungen der Finanzverwaltung aufgehoben, mit denen Finanzämter die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen unzulässig beschränkt hatten. Gemeinnützigkeits-Experten wie die Jura-Professoren Dr. Rainer Hüttemann (Universität Bonn) oder Dr. Birgit Weitemeyer (Bucerius Law School Hamburg) bestätigen, dass Gemeinnützige sich zur Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke politisch betätigen dürfen.

Gericht begründet Gemeinnützigkeit von Attac

Der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts in Kassel unter Vorsitz des Richters Hel­mut Lotzgeselle hatte am 10. November 2016 entschieden, dass Attac gemeinnützig ist und damit der Klage von Attac stattgegeben (Az: 4 K 179/16). Die schriftliche Urteilsbegründung wurde erst im April 2017 vorgelegt. Das beklagte Finanzamt möchte eine Revision beim Bundesfinanzhof erreichen. Des­wegen hat es eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. Die Entscheidung und ihre Begründung wird hier dargestellt. Das Urteil ist nicht verbindlich für andere Verfahren, aber die Begründungen können natürlich in Auseinandersetzungen verwendet werden.

  • Attac hat das zugestellte Urteil hier als PDF veröffentlicht. Auf diese Fassung beziehen sich die Seitenangaben in den folgenden Hinweisen.
  • Das Gericht hat eine Online-Fassung als PDF veröffentlicht.
  • Zusätzlich hat das Gericht 16 Leitsätze veröffentlicht (PDF).

Finanzamt verhindert weiter Gemeinnützigkeit von Attac

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ vom 17. Mai 2017

  • Urteilsbegründung des Finanzgerichts belegt Gemeinnützigkeit von Attac
  • Finanzamt verhindert Rechtskraft durch Beschwerde beim BFH
  • Politik muss Rechtssicherheit schaffen

Obwohl das Finanzgericht Kassel fundiert begründet hat, warum das globalisierungskritische Netzwerk Attac gemeinnützig ist, akzeptiert das Finanzamt Frankfurt dieses Urteil nicht und verlangt eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH). Für Attac und seine Spender bedeutet dies weitere Jahre Benachteiligung und Unsicherheit. Diese Unsicherheit betrifft viele Initiativen, die sich für die Demokratie und die Gesellschaft engagieren. Die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, ein Zusammenschluss von 80 Vereinen und Stiftungen, fordert daher vom Bundestag gesetzliche Klarstellungen. Das Finanzgericht hatte keine Revision zugelassen. Nach Angaben von Attac hat das Finanzamt dagegen eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt. Damit wird das Urteil des Finanzgerichts nicht rechtskräftig. Attac wartet seit drei Jahren auf eine rechtskräftige Entscheidung über seine Gemeinnützigkeit.

Ungefähre Begründung der Finanzgerichts-Entscheidung zu Attac

Entschieden hat am 10. November 2016 der 4. Senat des Finanzgerichts Kassel unter Vorsitz des Richters Helmut Lotzgeselle (Aktenzeichen 4 K 179/16). Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Laut Pressemitteilung des Ge­richts ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Die wichtigsten Teile der Entscheidung sind:

  • Die Satzung von Attac erfüllt die Anforderungen an die Gemeinnützigkeit.
  • Die Tätigkeiten von Attac in den Jahren 2010 bis 2012 waren gemeinnützig, weil sie den Satzungszwecken dienten. Die abweichenden Bescheide des Fi­nanzamtes Frankfurt sind aufgehoben.
  • Die Kosten des Verfahrens, auch des Vorverfahrens, trägt das Finanzamt.
  • Es wird keine Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Das Finanzamt kann beim BFH dagegen eine Nichtzulassungsbeschwerde einreichen.

Aktualisierung 17. Mai 2017: Die schriftliche Urteilsbegründung liegt vor. Das Finanzamt legt Nichtzulassungsbeschwerde ein. Das Urteil ist weiter nicht rechtskräftig.

Reaktionen auf das Attac-Urteil

Die Verhandlung und Entscheidung hat viele Reaktionen ausgelöst – viele Presseberichte, aber auch Pressemitteilungen von Parteien und Organisationen sowie pointierte Zeitungs-Kommentare. SPD und Grüne fordern in Pressemitteilungen gesetzliche Klarstellungen und übernehmen damit Forderungen der Allianz. Politik-Redakteure fordern gesetzliche Änderungen. Nur aus Ministerien gibt es noch keine öffentlichen Reaktionen.