Einschränkungen der Zivilgesellschaft in Deutschland waren in diesem Sommer Thema verschiedener Radio- und Fernsehbeiträgen. Neben Deutschlandfunk, Bayerischem Rundfunk und Südwestrundfunk beschäftigte sich auch „Die Anstalt“ des ZDF mit den Folgen des Attac-Urteils und einer zu rigiden Auslegung des Gemeinnützigkeitsrechts für politisch aktive Vereine – gut recherchiert, nüchtern dargestellt und gerade deshalb um so besorgniserregender.
Schlagwort: Gemeinnützigkeit
Weil ein Verein Feinde der Demokratie und der Menschenrechte von seinen Veranstaltungen per Ausschlussklausel auslädt, sei er nicht gemeinnützig, da er so nicht die Allgemeinheit fördere. Diese rechtliche Bewertung eines Finanzamtes ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Dass ein Finanzamt aber so argumentiert und der betroffene Verein das widerlegen muss, zeigt die Rechtsunsicherheit im Gemeinnützigkeitsrecht, die Überforderung mancher Finanzämter – und wie sehr gemeinnützige Organisationen von einzelnen Sachbearbeiter*innen abhängen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), eines der mehr als 120 Mitglieder der Allianz, hat konkrete Formulierungen zur Änderung der Abgabenordnung vorgeschlagen. Den Gesetzesentwurf präsentierte der BUND am 21. Juni 2019. Mit den Änderungen soll abgesichert werden, „dass Organisationen, die außerhalb der Parlamente politische Anliegen verfolgen, steuerrechtlich gefördert werden“. Damit nimmt der BUND Forderungen der Allianz und Debatten innerhalb der Allianz auf. Sein Gesetzesentwurf ist eine spannende Anregung für die Debatte.
Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.
- Attac-Urteil trifft nun weitere Vereine
- Bundestag muss Engagement mit Klarstellungen schützen
- Große Probleme für kleine Vereine
Das Attac-Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) zur Gemeinnützigkeit hat Auswirkungen auf weitere Vereine. Einem kleinen soziokulturellen Zentrum droht die Aberkennung der Gemeinnützigkeit, nachdem das Bundesfinanzministerium das Attac-Urteil amtlich im Bundessteuerblatt veröffentlicht hatte. Das zuständige Finanzamt droht dem örtlichen Verein nach der turnusmäßigen Prüfung der „tatsächlichen Geschäftsführung“ an, die Gemeinnützigkeit nicht zu bestätigen, und bezieht sich ausdrücklich auf das Attac-Urteil.
Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Gemeinnützigkeit des Vereins „cnetz“
Zu berichten, dass der CDU-nahe Verein „cnetz“ die Gemeinnützigkeit verliert, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 120 Vereinen und Stiftungen:
„Die Probleme von cnetz zeigen Mängel im Gemeinnützigkeitsrecht, aber auch nötige Abgrenzungen. Die CDU hat sich bisher neuen gemeinnützigen Zwecken verweigert. Hoffentlich ist sie nun bereit, diese Diskussion zu führen.
Seit dem Attac-Urteil hat die Menge an Presseberichten etwas abgenommen, dafür gibt es mehr Hintergrund-Texte. Hier einige Lese-Hinweise.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs zu Attac hat Auswirkungen auf tausende Vereine und Stiftungen, auf das Engagement von zigtausend Menschen darin. Deshalb sind viele Organisationen in großer Unruhe. Das Urteil beschränkt jetzt schon den zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum. In vielen Vereinsvorständen wird diskutiert, ob ein Teil des Engagements eingestellt werden sollte. Hier gibt es dazu Antworten.
Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur BFH-Entscheidung im Fall Attac
Zum heute vom Bundesfinanzhof bekanntgegebenen Urteil zur Gemeinnützigkeit von Attac erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen:
„Der Bundestag muss den Handlungsspielraum zivilgesellschaftlicher Organisationen sichern und zügig neue gemeinnützige Zwecke ins Gesetz schreiben. Menschen schließen sich zusammen, um sich selbstlos außerhalb von Parteien und Profitinteresse für Demokratie und Gesellschaft zu engagieren. Dieses Engagement für Umweltschutz oder Gerechtigkeit mag manchmal nerven, aber führt zu besseren Entscheidungen, weil dadurch sonst ungehörte Stimmen in die politische Willensbildung einfließen.
Könnte, sollte die „Sammlungsbewegung Aufstehen“ gemeinnützig sein? Eine Partei will die Organisation nicht sein, darum kann sie nicht die Vorteile von Parteispenden genießen. Auf den Status der Gemeinnützigkeit verzichtet sie. Das ist schade, schreibt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, in einem Gastbeitrag für den Newsletter des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE), denn dieser Status markiert eine klare Grenze zu politischen Parteien. Er legt dar, warum es kein Hindernis für die Gemeinnützigkeit ist, dass „Aufstehen“ sich politisch einmischen will, Einfluss auf Parteien nehmen will und stark von Parteipolitiker*innen geprägt ist.