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Schlagwort: Gemeinnützigkeitsrecht

Neues zu Shrinking Spaces in Deutschland

Bei uns in Deutschland herrschte lange und herrscht heute größtenteils immer noch das Gefühl, in einem der demokratischsten, fairsten und offensten Länder zu leben, zumindest verglichen mit anderen Länder der Welt. Die erstmalige Einstufung von Amnesty International als Land mit eingeschränktem zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum erschreckte vor einigen Wochen.Wie steht es denn aktuell eigentlich bei uns um zivilgesellschaftliche Freiräume?

Kein gemeinütziger Verein: Bündnis Sahra Wagenknecht

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass ein Verein stets gemeinnützig und steuerbegünstigt sei. Das Gemeinnützigkeitsrecht ist zwar das prägende Recht zivilgesellschaftlicher Organisationen, aber keine rechtliche Notwendigkeit. In Deutschland gibt es für Vereine weder eine Genehmigungs- noch eine Registrierungspflicht. Die meisten, aber nicht jeder Verein sind „eingetragene Vereine“ (e.V.), beim Amtsgericht registriert. Die Basis in Deutschland ist das Grundgesetz mit seiner Vereinigungsfreiheit in Artikel 9.

Der Verein „BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit e.V.“ ist nach eigener Auskunft nicht gemeinnützig und strebt das offenbar auch nicht an. Stattdessen unterwirft er sich freiwillig (ohne dies zu erläutern) den Spendenregeln der Parteien (Offenlegung ab 10.000 Euro, Annahmeverbote, § 25 Parteiengesetz).

EU kritisiert ausbleibende Reform Gemeinnützigkeit

In ihrem vierten Rechtsstaatsbericht drängt die EU-Kommission erneut auf eine Reform des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts. Die Mahnungen werden pochender. Deutlich herauszulesen ist die Unzufriedenheit, dass die vorigen Empfehlungen zum Freiraum für zivilgesellschaftliche Organisationen nicht beachtet wurden.

Zu den fünf Empfehlungen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit gehören neben der Berücksichtigung europäischer Standards für die Finanzierung zivilgesellschaftlicher Organisationen im Gemeinnützigkeitsrecht die Finanzierung des Justizsystems, die Einführung eines legislativen Fußabdrucks, Regelungen zum „Drehtüreffekt“ und Informationsrechte für Journalist:innen.

Vier Punkte für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht

Gemeinsam mit unseren Mitgliedsorganisationen Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Campact haben wir zu unseren drängendsten Forderungen zum Gemeinnützigkeitsrecht und dem Koalitionsvertrag folgend aufgeschrieben, wie dafür Gesetzes-Formulierungen aussehen könnten, warum das wichtig ist und warum diese Formulierungen funktionieren:
Vier Punkte für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht

ZiviZ-Survey: 30.000 Vereine verstummen wegen zu engem Gemeinnützigkeitsrecht

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

  • ZiviZ-Survey: Fünf Prozent unterlassen politische Beteiligung wegen Sorge um Gemeinnützigkeit
  • Repräsentative Studie zeigt erstmals, was wegen engem Recht nicht stattfindet
  • Koalition muss zügig Gemeinnützigkeitsrecht ins 21. Jahrhundert bringen

Der Thinktank „Zivilgesellschaft in Zahlen“ (ZiviZ) im Stifterverband hat heute (7.3.2023) Trendergebnisse des ZiviZ-Survey 2023 vorgestellt. Der ZiviZ-Survey ist eine repräsentative Befragung der organisierten Zivilgesellschaft und erfasst seit 2012 in regelmäßigen Abständen Strukturmerkmale und Entwicklungen. Der ZiviZ-Survey 2023 wurde im Herbst 2022 durchgeführt. Zur Befragung gehörte ein Themenschwerpunkt „Zivilgesellschaft in der Demokratie“. Zu den von ZiviZ festgestellten Trends der vergangenen Jahre gehört, dass sich zivilgesellschaftliche Organisationen immer häufiger als Impulsgeber für sozialen Wandel oder auch als Akteure der politischen Willensbildung verstehen. Sie möchten mit ihren Aktivitäten und Angeboten Gesellschaft und Politik mitgestalten.

Ein aktueller Befund: In Teilen der Zivilgesellschaft besteht Verunsicherung, inwiefern politische Mitgestaltung Gefahren für den Gemeinnützigkeitsstatus bergen. Insgesamt geben fünf Prozent der Organisationen an, sich aus Sorge um ihren Gemeinnützigkeitsstatus nicht intensiver politisch zu engagieren. Bei einem von ZiviZ erhobenen Stand von 656.888 zivilgesellschaftlichen Organisationen in Deutschland bedeutet das: 30.000 Vereine mischen sich nicht für Demokratie ein, obwohl sie es wollen.

Liberties Rule of Law Report 2023: In Deutschland kein Fortschritt

Der am 21. Februar veröffentlichte Liberties Rule of Law Report 2023 bescheinigt Deutschland „keinen Fortschritt“ – weder im Gesamtbild (State of play) noch bei den Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches Engagement (Enabling framework for civil society). Die Situation in Deutschland hat sich demnach im Vergleich zu 2022 weder verbessert noch verschlechtert. Einzig das Demokratiefördergesetz wird gelobt, es könne eine bedeutende Verbesserung für die Rahmenbedingungen zivilgesellschaftlichen Engagements bringen (S. 3, Länderbericht Deutschland).

Demokratiefördergesetz geht in die Endrunde

Das Bundesinnenministerium (BMI) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) haben einen Referent:in-Entwurf für das geplante Demokratiefördergesetz erstellt. Dieser Entwurf ist noch nicht mit weiteren Ministerien abgestimmt, aber soll am 14. Dezember im Kabinett beschlossen werden. Danach geht er in den Bundestag und soll Anfang 2023 dort beschlossen und Gesetz werden. Wir haben zum Entwurf eine Stellungnahme eingereicht, die sich vor allem mit Fragen zur Gemeinnützigkeit befasst – denn diesen Status setzt der Entwurf als Fördervoraussetzung.

EU-Kommission widmet sich europäischem Vereinsrecht

Im zweiten Quartal 2023 möchte sich die Europäische Kommission dem Europäischen Vereinsrecht widmen. So steht es auf Seite 9 im Kommissions-Arbeitsplan für 2023. Dem Vernehmen nach soll der Prozess bereits Ende 2023 abgeschlossen sein mit Entscheidungen auch im Europäischen Parlament. Noch ist offen, welchen Weg die Kommission einschlagen wird.

Ministerin Paus kündigt umfassende Reform Gemeinnützigkeit 2023 an

Die „Engagementministerin“ Lisa Paus hat beim 22. Deutschen Stiftungstag in Leipzig heute (29.9.2022) früh angekündigt, dass das Gemeinnützigkeitsrecht im nächsten Jahr umfassend modernisiert wird. Die Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erklärte in einer Keynote zu nachhaltiger Engagementpolitik, dass das Gemeinnützigkeitsrecht eine „wichtige Stellschraube“ in der Engagement-Strategie der Bundesregierung sei. Es sei auch eine nötige Flankierung des kommenden Demokratiefördergesetzes.

Rechtsstaatsbericht: EU drängt auf Gemeinnützigkeits-Reform in Deutschland

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zu Länderbericht im Bericht zur Rechtsstaatlichkeit der EU

  • EU empfiehlt im Rechtsstaatsbericht Reform der Gemeinnützigkeit
  • Bundesregierung muss Koalitionsvertrag umsetzen

Zum Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in der EU erklärt Annika Schmidt-Ehry, leitende Referentin der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von fast 200 Vereinen und Stiftungen:

„Die europäische Kommission hat ein wichtiges Signal nach Berlin gesandt: Die Bundesregierung müsse die Reform des Gemeinnützigkeitsrecht vorantreiben und die im Gemeinnützigkeitsrecht bestehenden Hürden für zivilgesellschaftliche Organisationen beseitigen. Die Ampel-Koalition muss der Empfehlung zügig folgen und ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllen.

Die Koalition muss klarstellen, dass sich Vereine für ihren Satzungszweck auch politisch engagieren dürfen, dass ein Kinderschutzverein also stärkere Kinderrechte fordern darf– ob mit Demonstrationen, Unterschriftensammlungen oder Gesprächen mit Politiker:innen.