Nach den Wahlen ist vor den Koalitionsverhandlungen. Dafür gibt es Chancen, dass sinnvolle Reformen des Gemeinnützigkeitsrechts kommen, dass die Funktion zivilgesellschaftlicher Organisationen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gefördert und geschützt wird. Damit aus Chancen handfeste Ergebnisse werden, kommt es darauf an, dass die Personen sich in ihren Parteien Gehör verschaffen, die Demokratiepolitik größer denken; die die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Organisationen als Themenanwältinnen und als Wächterinnen etwa von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten kennen. Nicht nur, aber vor allem bei Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Gemeinnützigkeit darf nicht nur eine Fußnote im Steuerrecht sein, sie muss mit Demokratiepolitik und Engagementpolitik zusammen gedacht werden. Dafür braucht es in Sondierungen und Verhandlungen einen eigenen Schwerpunkt.
Schlagwort: Koalitionsverhandlung
Der am 7. Februar 2018 von CDU, SPD und CSU vorgelegte Entwurf eines Koalitionsvertrages erfüllt die Hoffnungen nicht, die das Sondierungsergebnis vier Wochen zuvor geweckt hatte bezüglich eines besseren Rechtsrahmens für selbstlose zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich in politische Entscheidungen einmischen. Diese Einmischung ist für eine offene und lebendige Demokratie wichtig, weil diese Organisationen ein Gegengewicht zu eigennützigen Lobbyisten bilden. Nicht im eigenen Interesse und nicht im Interesse ihrer Mitglieder weisen sie auf Gefahren und Fehlentwicklungen hin, bringen Sachverstand, Wissen und zusätzliche Perspektiven ein. Sie sprechen für wenig gehörte Minderheiten oder für Werte und Grundprinzipien wie Grund- und Menschenrechte. Die Funktion dieser Organisationen ist wichtig für Demokratie-Politik.
„Gemeinnützigkeitsrecht verbessern“ haben CDU, CSU und SPD als ein Vorhaben in ihre Sondierungsergebnisse vom 15. Januar 2018 geschrieben (Seite 18). Weiter haben sie vereinbart:
- „Stärkung politischer und kultureller Bildung“ und
- „bessere Förderung von bürgerschaftlichem und ehrenamtlichem Engagement, dazu wollen wir bestehende Regelungen entbürokratisieren“.
Das wäre eine gute Basis, um mit dieser Konstellation erhebliche Verbesserungen für gesellschaftlich engagierte zivilgesellschaftliche Organisationen zu erreichen und bisherige Probleme zu beseitigen.
Noch sondieren CDU, SPD und CSU, ob sie überhaupt in Koalitionsverhandlungen einsteigen wollen. Was jenseits anderer Themen politisch ein gutes Zeichen ist: Die Parteien sprachen separat über „Bürgerbeteiligung/Stärkung der Demokratie“, statt diese zentralen Themen auf andere Ressorts verteilt unter ferner liefen zu behandeln.
Die Linkspartei schreibt in ihrem am 11. Juni 2017 beschlossenen Wahlprogramm auf Seite 112 im Kapitel „Für eine Demokratie, in der es etwas zu entscheiden gibt“:
Die SPD kündigt im am 25. Juni 2017 beschlossenen Wahlprogramm an (Seite 80 im Kapitel „Es ist Zeit für eine offene und moderne Gesellschaft“, Abschnitt „Demokratie und Engagement“):
Eine ganze Menge steht im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen zu Fragen von Engagement, Zivilgesellschaft und auch Gemeinnützigkeit
Die CSU hat ergänzend zum gemeinsamen Wahlprogramm mit der CDU ihren „Bayernplan“ verabschiedet. Die Begriffe Gemeinnützigkeit und Zivilgeselschaft verwendet sie nicht, aber sie grantiert eine „Koalition mit dem Bürger“.
CDU und CSU benutzen die Begriffe Gemeinnützigkeit und Zivilgesellschaft nicht, doch machen im Kern klare Aussagen:
Die FDP schreibt in ihrem Wahlprogramm 2017 nichts zu Gemeinnützigkeit und nichts zur Zivilgesellschaft in Deutschland.