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Schlagwort: Menschenrechte

Campact-Fall zeigt, dass Zwecke im Gesetz fehlen

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

Zur heutigen Mitteilung von Campact, dass das Finanzamt dem Verein den Status der Gemeinnützigkeit aberkannt hat, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 130 Vereinen und Stiftungen:

„Der Fall Campact zeigt, dass die Sorge tausender Vereine und Stiftungen seit dem Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) berechtigt ist. Der Bundestag muss zügig Rechtssicherheit schaffen und das gemeinnützige Engagement für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit absichern. Der Gesetzgeber muss eindeutig sagen, welche Zwecke er für förderwürdig hält. Dazu müssen Demokratie und Grundrechte gehören.

Landesfinanzminister wollen neue Zwecke: Klimaschutz und Dorfverschönerung

Die 16 Landesfinanzminister haben sich am 26. September 2019 darauf geeinigt, dass Klimaschutz ein neuer gemeinnütziger Zweck werden soll. Sie fordern das Bundesfinanzministerium auf, dies und weitere Vorschläge in einen Gesetzesentwurf zu übernehmen, der noch bis Jahresende vom Bundestag beschlossen werden soll. Weitere neue gemeinnützige Zwecke sollen auch „Förderung der Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder Orientierung diskriminiert werden“ und die Förderung der Ortsverschönerung sein.

Engagement für Klimaschutz gefährdet die Gemeinnützigkeit

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

  • Bundesrat schlägt bei TOP 33 Änderungen Gemeinnützigkeitsrecht vor
  • Engagement für Klimaschutz gefährdet die Gemeinnützigkeit, Mittelweitergabe nicht
  • Eigene Aktivitäten müssen genauso erlaubt sein wie die Weitergabe von Geld

Der Bundesrat wird heute als Punkt 33 seiner Tagesordnung umfangreiche Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht anregen. Dazu gehören Freifunk als neuer gemeinnütziger Zweck sowie deutlich einfachere Möglichkeiten für gemeinnützige Vereine, Geld an andere gemeinnützige Organisationen weiterzugeben. Auch nach der vorgeschlagenen Änderung von Paragraph 58 der Abgabenordnung (Mittelweitergabe) würden Vereine ihre Gemeinnützigkeit riskieren, wenn sie sich selbst für Klimaschutz engagieren, ohne dass dieser Zweck in ihrer Satzung steht. Doch Geld an einen Umweltschutz-Verein für dessen Engagement weiterzugeben, wäre erlaubt. „Das ist widersprüchlich und verwirrend“, erklärt dazu Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 130 Vereinen und Stiftungen.

BUND präsentiert Gesetzesentwurf zur Gemeinnützigkeit

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), eines der mehr als 120 Mitglieder der Allianz, hat konkrete Formulierungen zur Änderung der Abgabenordnung vorgeschlagen. Den Gesetzesentwurf präsentierte der BUND am 21. Juni 2019. Mit den Änderungen soll abgesichert werden, „dass Organisationen, die außerhalb der Parlamente politische Anliegen verfolgen, steuerrechtlich gefördert werden“. Damit nimmt der BUND Forderungen der Allianz und Debatten innerhalb der Allianz auf. Sein Gesetzesentwurf ist eine spannende Anregung für die Debatte.

BFH-Urteil: Campact verzichtet auf Spendenbescheinigungen

Die Kampagnen-Organisation Campact stellt ab heute keine Spendenbescheinigungen an Spenderinnen und Spender mehr aus. Dies ist eine Folge des Attac-Urteils. Campact ist zu der Auffassung gekommen, dass ein hohes Risiko für den Vorstand besteht, denn §10b des Einkommenssteuergesetzes legt fest: „Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig … veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden, haftet für die entgangene Steuer.“ Nach der Logik des Bundesfinanzhofs (BFH) könnten einige Aktivitäten von Campact anders als bisher angenommen nicht mehr den gemeinnützigen Zwecken Volksbildung oder Förderung des demokratischen Staatswesens dienen.

Demokratie ist nicht Sache der Politik allein

Der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will für die Demokratie streiten – so, wie es viele zivilgesellschaftliche Organisationen seit Jahren tun. In seiner Antrittsrede nach seiner Vereidigung am 22. März 2017 erinnerte er daran, „dass die Demokratie weder selbstverständlich noch mit Ewigkeitsgarantie ausgestattet ist. Dass sie – einmal errungen – auch wieder verloren gehen kann, wenn wir uns nicht um sie kümmern.“ Es bleibe diese Aufgabe: „Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte verteidigen.“ Wer Partei für die Demokratie ergreife, werde ihn an seiner Seite haben, denn schließlich: „Streiten für Demokratie ist nicht Sache der Politik allein.

Bundesregierung: politische Tätigkeiten können gemeinnützig sein

Über die Aufnahme weiterer gemeinnütziger Zwecke „findet derzeit ein Meinungsaustausch innerhalb der Bundesregierung statt, der bisher nicht abgeschlossen ist“ und verfassungsrechtlich ist es nicht verboten, politische Tätigkeiten als gemeinnützig zu definieren – das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Bundestagsfraktion die Grünen zu „möglichen Gefährdungen des gleichberechtigten Einflusses aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auf die politische Willensbildung und zu weiteren Punkten des Gemeinnützigkeits- und Vereinsrechts“. Die Grünen thematisierten darin die Probleme, die gemeinnützige Organisationen haben, die auf die Gesellschaft einwirken. (Mehr zu den Fragen hier.)

In großen Teilen ihrer Antwort bleibt die Regierung vage oder erklärt sich für nicht zuständig. Doch in den Antworten auf die 34 Fragen verstecken sich einige Hinweise. Dazu gehört, dass die Bundesregierung Notwendigkeiten aus Sicht der Verwaltung bewertet und dabei erklärt, dass es Gestaltungsspielraum gibt. Die Initiative dazu müsse aus dem Parlament kommen. Die Regierung spielt den Ball also ins politische Feld, wo er hin gehört, raus aus juristischen Strafräumen. Denn bei der Förderung gemeinnütziger Zwecke geht es um Wertentscheidungen.

Bundestag debattiert Freiraum für zivilgesellschaftliche Organisationen

In einer Bundestagsdebatte am 14. April 2016 über zivilgesellschaftliches Engagement und Einschränkungen für zivilgesellschaftliche Organisationen in vielen Ländern spielte auch die Situation von Organisationen in Deutschland eine Rolle. „Eine lebendige Zivilgesellschaft ist unentbehrlich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und für die Fähigkeit einer Gesellschaft, mit neuen Herausforderungen umzugehen“ – dieser Satz steht in einem Antrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu „Zivilgesellschaftliches Engagement braucht Raum“. Darin geht es allerdings nicht um das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht, sondern um Nichtregierungsorganisationen (NGO) , deren Handlungsspielräume immer weiter eingeschränkt werden. Die Grünen beantragten, dass sich die Bundesregierung in allen Auslandskontakten für NGO und Menschenrechtsverteidiger einsetzen soll.

Der Antrag wurde am 14. April 2016 in erster Lesung im Bundestag diskutiert und Sprecher aller Fraktionen stellten sich hinter die Forderungen. Den Bezug zum Inland stellten die meisten Redner her. (Hier das gesamte Protokoll der Bundestags-Debatte, in der PDF ab Seite 118.)

Tag der Menschenrechte: Menschenrechts-Arbeit ist gemeinnützig

Vor 67 Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet, darum wird heute der Tag der Menschenrechte begangen. Die Menschenrechte sind weder global noch in Deutschland vollständig umgesetzt, darum schließen sich Menschen in zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen, um für diese Rechte zu streiten – und nehmen dabei selbst ihre Menschenrechte in Anspruch. Doch im gesetzlichen Katalog der gemeinnützigen Zwecke fehlt die Durchsetzung der Menschenrechte.

Das ist absurd, da die Arbeit für Menschenrechte unbestritten die Allgemeinheit fördert, selbstlos erfolgt und sinnvoll ist. Menschenrechte sind nicht der einzige Zweck, der allgemein als förderwürdig gilt, für den Vereine aber nicht vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt werden können. Es fehlen zum Beispiel auch Soziale Gerechtigkeit oder die Gleichstellung aller Geschlechter.

Ein Verein, der sich für Menschenrechte einsetzt und als gemeinnützig anerkannt werden will, kann die Menschenrechte darum nur nebenbei erwähnen. Als Satzungszweck muss er sich der Aufklärung über Menschenrechte widmen oder der Entwicklungszusammenarbeit, dann also nur der Menschenrechte im Ausland. Von der Bundesregierung zu fordern, Menschenrechte durchzusetzen, kann daher vom Finanzamt moniert werden als Tätigkeit außerhalb der Satzungszwecke – die Gemeinnützigkeit ist in Gefahr.

Der Bundestag muss das Gemeinnützigkeitsrecht so ändern, dass Vereine Ziele wie Menschenrechte oder soziale Gerechtigkeit ohne Schwierigkeiten verfolgen und dafür auch mit politischen Mitteln eintreten können.

Grüne Bundestagsfraktion zu bürgerschaftlichem Engagement

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat ein Positionspapier zu bürgerschaftlichem Engagement veröffentlicht. Darin kündigt die Fraktion an, „die Liste der Zwecke der Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (§ 52 Abgabenordnung) überprüfen und erweitern (zu wollen), um zum Beispiel die Förderung von Menschenrechten und Frieden explizit aufzunehmen“ (Seite 4). Damit hat die Fraktion eine unserer zentralen Forderungen übernommen.

Die Fraktion erkennt an, dass Engagement „Kern einer lebendigen und verantwortungsbewussten Zivilgesellschaft“ ist und dazu ehrenamtliche Arbeit ebenso gehört wie Geldspenden, dass Helfen ebenso dazu gehört wie die politische Meinungsbildung.

Wir führen die Übernahme unserer Position auch darauf zurück, dass Matthias Fiedler, Vorstand der Bewegungsstiftung, unsere Forderungen in einer Kommentar-Runde eingebracht hatte.

Die Grüne Bundestagsfraktion fordert in dem Papier zudem eine „weitest gehende Transparenz über Herkunft von Spenden, Fördermitteln und mögliche Abhängigkeiten“. Es müsse einfach nachprüfbar sein, wer von wem Gelder erhält. Dazu wollen die Grünen große Nonprofit-Organisationen zur Veröffentlichung von Jahresberichten verpflichten.