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Schlagwort: politische Betätigung

Kinderrechte und Antirassismus: Grundgesetzänderung alleine reicht nicht

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Einigung, Rassismus und Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben

Zur Verständigung innerhalb der Bundesregierung, zeitnah das Grundgesetz zu ändern, um den Begriff „Rasse“ zu streichen und Kinderrechte aufzunehmen, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 175 Vereinen und Stiftungen:

Alle staatliche Gewalt zu verpflichten, Kinderrechte zu schützen und rassistische Diskriminierung zu verhindern ist ein wichtiger Schritt, reicht aber nicht aus. Zusätzlich braucht es öffentliche Wächter, die Behörden auf die Finger schauen, die Forderungen an Parlamente richten und die notfalls auch Rechte Betroffener einklagen – zum Beispiel, wenn wegen einer Pandemie Spielplätze geschlossen und die Bewegungsfreiheit von Kindern massiv eingeschränkt wird.

Diese Funktionen als Wächterinnen und Themenanwältinnen gehört zu den vielfältigen Aufgaben zivilgesellschaftlicher Organisationen. Deren Basisrecht ist die Gemeinnützigkeit. Wer es mit Kinderrechten und Antirassismus ernst meint, muss daher passende gemeinnützige Zwecke in die Abgabenordnung schreiben und klarstellen, dass diese und andere Zwecke natürlich auch mit politischen Mitteln verfolgt werden können, etwa mit Demonstrationen oder Forderungen an die Politik.

#KeinGradWeiter: Dürfen gemeinnützige Vereine fürs Klima demonstrieren?

Wer Demonstrationen für Klimaschutz organisiert, müsste endlich nicht mehr um die Gemeinnützigkeit seines Umweltschutzvereins fürchten, wenn die Einigung der Landesfinanzminister von gestern endlich auch Gesetz wird. Wenn der Verein jedoch einen anderen Zweck hat – zum Beispiel Förderung von Kultur und Musik oder als Pfadfinder*innen-Verein Jugendförderung -, dann würden Aufruf und Teilnahme weiter die Gemeinnützigkeit gefährden. Deshalb braucht es auch eine Öffnung für gelegentliche Tätigkeiten über den eigenen Zweck hinaus – und weitere Zwecke wie Förderung der Menschenrechte und Schutz des Grundgesetzes. Denn Demos gegen Antisemitismus, Forderungen nach einer Parlamentsreform, die sind den vorhandenen Gemeinnützigkeits-Zwecken schwer zuzuordnen. Viele Vereine scheitern deshalb schon bei der Anerkennung der Satzung durchs Finanzamt.

Hier für die nötigen Änderungen unterschreiben!

Rechtsgutachten zeigt große Spielräume für politische Betätigung

Es gibt keine verfassungsrechtlichen Grenzen für die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen zugunsten ihrer Zwecke. Auch die Aufnahme politischer Willensbildung als eigener Zweck ins Gesetz ist möglich. Eine Gleichbehandlung zivilgesellschaftlicher Organisationen mit Parteien ist verfassungswidrig, da zwischen ihnen markante Unterschiede bestehen, etwa die Teilnahme an Wahlen. Bundestag und Bundesrat haben also erhebliche Spielräume, das Gemeinnützigkeitsrecht zu erweitern – wenn sie wollen. Das sind Ergebnisse eines Rechtsgutachtens, das die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) am 2. Mai 2020 veröffentlicht hat. Darin hat Prof. Dr. Sebastian Unger, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Wirtschafts- und Steuerrecht an der Ruhr-Universität Bochum, die „Politische Betätigung gemeinnütziger Körperschaften“ untersucht.

Gesetzesreform hängt an politischem Willen, nicht an rechtlichen Grenzen

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

  • Rechtsgutachten bestätigt große Spielräume für politische Tätigkeiten gemeinnütziger Organisationen
  • Gesetzesänderungen hängen an politischem Willen, nicht an verfassungsrechtlichen Grenzen
  • Pressegespräch am Montag

Zum gestern von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) veröffentlichten Rechtsgutachten zu politischer Betätigung gemeinnütziger Körperschaften erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 170 Vereinen und Stiftungen:

„Das Gutachten des Jura-Professors Sebastian Unger zeigt, dass der Gesetzgeber mehr Spielräume im Gemeinnützigkeitsrecht hat als Finanzministerien oft behaupten. Damit bestätigt der Verfassungsrechtler unsere Forderungen zu Klarstellungen im Gemeinnützigkeitsrecht. Wie stark das zivilgesellschaftliche Engagement für Menschenrechte und Demokratie, als selbstlose Anwälte und Wächter von Institutionen sein darf, ist keine rechtliche Frage, sondern hängt ausschließlich vom politischen Willen ab.

Finanzministerium ignoriert Bundesfinanzhof

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.

Ministerium setzt BFH-Urteile nur selektiv im Anwendungserlass um / Politik zu Lasten zivilgesellschaftlicher Organisationen und der öffentlichen Debatte

Das Bundesfinanzministerium hat zu Fragen der Gemeinnützigkeit den Anwendungserlass zur Abgabenordnung umfassend ergänzt (BMF-Schreiben vom 31.1.2019). Insgesamt werden dabei zivilgesellschaftliche Organisationen eher mit Detail-Regulierungen belastet als dass ihnen Klarheit und Freiräume geschaffen werden. Auffällig ist, dass das Ministerium Urteile des Bundesfinanzhofs nur selektiv umsetzt.

Dazu erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen:

„Das Bundesfinanzministerium weigert sich, gegenüber Finanzämtern und engagierten Bürgern klarzustellen, dass Vereine und Stiftungen ihre gemeinnützigen Zwecke auch mit politischen Mitteln verfolgen können.

BFH: Attac-Verfahren geht ins fünfte Jahr

Vor mehr als einem Jahr hatte das Hessische Finanzgericht Attac für gemeinnützig erklärt. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) der Beschwerde des Finanzamtes stattgegeben. Dies bedeutet, dass ein Revisionsverfahren stattfindet und Attac weiterhin nicht rechtskräftig als gemeinnützig anerkannt ist. BFH-Revisionen dauern durchschnittlich 18 Monate. Die Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit von Attac geht damit ins fünfte Jahr.

Den Schaden haben vor allem die Mitglieder und Unterstützer des globalisierungskritischen Netzwerks, die ihre selbstlosen Spenden nicht von der Steuer absetzen können – anders als politisch wirksame Beiträge an Parteien, Gewerkschaften oder Berufsverbände wie den Bundesverband der Deutschen Industrie. Auch andere gemeinnützige Organisationen nehmen selbstverständlich steuerbegünstigt Einfluss auf die politische Willensbildung, zum Beispiel die „Stiftung Familienunternehmen“.

BFH: Unterschied zwischen Parteien und Gemeinnützigen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat erneut bestätigt, dass politische Einflussnahme dazu dienen kann, gemeinnützige Zwecke zu verfolgen, und dass gemeinnützige Anliegen oft nur durch „Zwischenschritte“ wie die Einwirkung auf „politische Entscheidungsträger“ erreichbar sein können. Eine solche indirekte Verfolgung des Zwecks sei manchen Zwecken wie dem Umweltschutz sogar immanent. Diese politische Einflussnahme mache einen Verein noch nicht zu einem politischen Verein. Lediglich „das Betreiben oder Unterstützen von Parteipolitik ist immer gemeinnützigkeitsschädlich“.

Dieser BFH-Entscheidung folgend müsste das Bundesfinanzministerium dringend den Anwendungserlass zur Abgabenordnung anpassen, der den Finanzämtern andere Vorgaben macht. Ebenso müsste das Bundesfinanzministerium die Nichtzulassungsbeschwerde im Fall Attac stoppen – allerdings ist im Streit um Attac ein anderer Senat des BFH zuständig.

BFH zu Gemeinnützigkeit: Politik ist erlaubt

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. vom 9. August 2017 zur BFH-Entscheidung im Fall BUND

  • Bundesgericht: Keine Trennlinie zwischen Gemeinnützigkeit und Politik
  • Finanzminister muss Anwendungserlass ändern

Der Bundesfinanzhof (BFH), das höchste deutsche Finanzgericht, interpretiert das Gemeinnützigkeitsrecht anders als das Bundesfinanzministerium. Während das Ministerium wiederholt behauptet, es gebe eine „steuerliche Trennlinie“ zwischen der Förderung gemeinnütziger Zwecke und politischer Betätigung, erklärt der BFH in einer aktuellen Entscheidung: „Äußerungen, die zwar in dem Sinne als ‚politisch‘ anzusehen sind, als sie das Gemeinwesen betreffen, die aber zugleich parteipolitisch neutral bleiben, stehen der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft nicht grundsätzlich entgegen“, so lange sie dem gemeinnützigen Satzungszweck dienen.

Es gibt keine steuerliche Trennlinie zwischen Politik und Gemeinnützigkeit

Die Auffassung des Bundesfinanzministeriums, dass es eine „steuerliche Trennlinie“ zwischen der Förderung gemeinnütziger Zwecke und politischer Betätigung gibt, ist falsch. Um das festzustellen, braucht es nicht erst ein weiteres Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH). Der BFH hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Entscheidungen der Finanzverwaltung aufgehoben, mit denen Finanzämter die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen unzulässig beschränkt hatten. Gemeinnützigkeits-Experten wie die Jura-Professoren Dr. Rainer Hüttemann (Universität Bonn) oder Dr. Birgit Weitemeyer (Bucerius Law School Hamburg) bestätigen, dass Gemeinnützige sich zur Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke politisch betätigen dürfen.

Gericht begründet Gemeinnützigkeit von Attac

Der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts in Kassel unter Vorsitz des Richters Hel­mut Lotzgeselle hatte am 10. November 2016 entschieden, dass Attac gemeinnützig ist und damit der Klage von Attac stattgegeben (Az: 4 K 179/16). Die schriftliche Urteilsbegründung wurde erst im April 2017 vorgelegt. Das beklagte Finanzamt möchte eine Revision beim Bundesfinanzhof erreichen. Des­wegen hat es eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. Die Entscheidung und ihre Begründung wird hier dargestellt. Das Urteil ist nicht verbindlich für andere Verfahren, aber die Begründungen können natürlich in Auseinandersetzungen verwendet werden.

  • Attac hat das zugestellte Urteil hier als PDF veröffentlicht. Auf diese Fassung beziehen sich die Seitenangaben in den folgenden Hinweisen.
  • Das Gericht hat eine Online-Fassung als PDF veröffentlicht.
  • Zusätzlich hat das Gericht 16 Leitsätze veröffentlicht (PDF).