Zur Auftaktkundgebung der unteilbar-Demo am 24. August 2019 in Dresden sprach Allianz-Vorstand Stefan Diefenbach-Trommer über die Bedeutung der Zivilgesellschaft für die Demokratie. Die Rede hier zum Nachhören und -sehen und das Manuskript zum Nachlesen.
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
wer ist eigentlich diese viel beschworene Zivilgesellschaft? Ist die Zivilgesellschaft gleichzusetzen mit der zivilen Bevölkerung, oder ist sie den Bürgerinnen und Bürgern über-, neben- oder untergeordnet? Und wenn ja, qua welchen Rechts?
Das hat die AfD-Abgeordnete Nicole Höchst am 8. Mai im Bundestags-Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement gefragt.
Die AfD (und nicht nur die) tut sich schwer mit zivilgesellschaftlichem Engagement. Sie hetzt gegen NGOs – dabei schwimmt sie selbst in einem Umfeld von Vereinen und Stiftungen. Sie profitiert von zivilgesellschaftlichen Freiheiten, die es in der DDR nicht gab und die in Ungarn, Polen und Österreich geschrumpft werden.
Was ist Zivilgesellschaft?
Die Zivilgesellschaft ist so vielfältig wie diese Stadt, dieses Land und die ganze Welt. Und tatsächlich gehören auch die Menschen dazu, die zivilgesellschaftliche Freiheiten zerstören wollen. Während in einem autoritären Staat die Zivilgesellschaft dessen Gegenüber ist, ruht die Demokratie auf der Zivilgesellschaft. Und die muss unruhig sein. Eine Demokratie ohne Unruhe steht vor dem Tod.
Allein
machen sie dich ein.
Zivilgesellschaft ist vor allem die Summe ihrer Organisationen. Menschen schließen sich zusammen, um gehört zu werden.
Artikel 9 des Grundgesetzes: Vereinigungsfreiheit!
Artikel 21: Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit.
Und wer noch? Zivilgesellschaftliche Gruppen, die für Menschenrechte eintreten, die staatlichen Institutionen auf die Finger schauen, die Stimmlosen eine Stimme geben. Diese Demo mischt sich ein und wirkt an der politischen Willensbildung mit.
Die Demokratie braucht die Zivilgesellschaft und ihre Organisationen. Protest und Debatte fördern das Allgemeinwohl. Doch wir erleben einen Trend, den Freiraum für zivilgesellschaftliches Handeln zu beschränken. Handlungsräume, die in anderen Ländern selbstverständlich sind, fehlen hierzulande im Recht der Gemeinnützigkeit, dem Statusrecht zivilgesellschaftlicher Organisationen. Etwa der Einsatz für die Grundrechte, das Wachen über staatliche Institutionen. Diese Lücke schränkt zivilgesellschaftliche Freiheiten ein.
Was ist heute gemeinnützig?
Hundesport, Bäume pflanzen, Alten helfen, Menschen retten – da stockt für manche die Aufzählung schon.
Wenn sich ein Sportverein gegen Rassismus engagiert, dulden Finanzämter das. Doch demokratisches Engagement braucht Rechte, keine Gnade.
Einschränkungen kommen über Nacht, berichten Aktivistinnen aus Ungarn und Polen. Welcher Verein gerät nach Attac in den Fokus eines deutschen Finanzamtes oder auch einer zu autoritär angehauchten einzelnen Finanzbeamtin?
Die Zivilgesellschaft ist das, was wir daraus machen. Sie muss die Menschenwürde achten und Menschenrechte einfordern. Sie muss Demokratie entwickeln und gewählte Menschen kontrollieren. Sie ist gemeinnützig – das anzuerkennen und zu schützen fordern wir von Regierung und Bundestag!
Danke!
Weitere Links und Hinweise
- Protokoll vom Bundestags-Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement vom 8. Mai 2019 (PDF).
- Wenige Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg hatten sich mehr als 40.000 Menschen auf der #unteilbar-Demo in Dresden „für eine offene und freie Gesellschaft“ engagiert. Die Website zur Demo: https://www.unteilbar.org/dresden/
Übrigens: Bundesfinanzminister Olaf Scholz, während der Rede im Publikum, hat bis jetzt noch keine Initiative zur Verbesserung des Gemeinnützigkeitsrechts gestartet. Dabei hätten er und die SPD die Möglichkeit dazu. Hier ist ein Appell, um ihn dazu zu drängen.